Die Pyramiden

 

Pyramiden

 

Standort: Gizeh (Ägypten)
Originalhöhe: 146,6 m
Fläche: 229 x 229 m
Gewicht: 6.400.000 t
Erbauer: Pharao Cheops
Baubeginn: zwischen 2.551 und 2.528 v. Chr.
Bauzeit: ca. 20 bis 30 Jahre

 

 


Mit dem Stufenbau von Sakkara begann um 2700 v. Chr. der Pyramidenbau am Nil. Der Prototyp von Pharao Djoser war damals technologisch wie organisatorisch eine Sensation. Aber es gab auch Rückschläge. In Meidum kam es zur Katastrophe. Beim Versuch, die Außenwände zu glätten, rutschte die Ummantelung ab. Nach einem weiteren Fehlschlag entstand schließlich die erste „echte Pyramide“. 

Die Cheops-Pyramide von Gizeh ist das älteste und einzig erhaltene Weltwunder. Wegen ihrer Größe wird sie die „Große Pyramide“ genannt. Sie ist neben der Chinesischen Mauer das größte je von Menschen errichtete Bauwerk. 

Die Konstruktion beruht auf einer quadratischen Grundfläche und dreieckigen, spitz zulaufenden Seiten. 

Die Pyramiden von Gizeh wurden zur Zeit der 4. Dynastie von den Königen Cheops, Chepren und Mykerionos errichtet. 

Die Grundseiten der Cheopspyramide sind 229 m lang. Sie war 146,6 m hoch. 

„Es dauerte zehn Jahre, ehe nur die Straße gebaut war, auf der die Steine daher geschleift wurden, ein Werk, das mir fast ebenso gewaltig scheint wie der Bau der Pyramiden selber.“
(Herodot, Historien) 

Sie war mit 146,6 m so hoch wie ein 50stöckiger Wolkenkratzer. 

Auf der Grundfläche von 229 x 229 m hätten die fünf größten Kirchen der Welt Platz:
-          der Petersdom im Vatikan
-          die St. Pauls Kathedrale in London
-          die Westminsterabtei in London
-          der Dom in Florenz
-          der Dom in Mailand. 

 Aus der Gesteinsmenge, aus denen die Pyramide errichtet ist, könnten alle Kirchen, die im letzten Jahrtausend in Deutschland gebaut wurden noch einmal errichtet werden. 

In 128 Schichten stapeln sich ca. 2,5 Millionen Kalksteinblöcke von etwa 2,5 t mit einem Gesamtgewicht von 6,4 Millionen t. Die brauchten einen festen Untergrund. Dieser wurde in dem felsigen Boden nahe dem Dorf Gizeh gefunden. 

Die Arbeiten für das Planieren der Grundfläche dauerten ca. 10 Jahre. Diese Arbeit verrichteten etwa 4.000 Menschen. 20 Jahre dauerte der Bau der Pyramide, an dem ungefähr 10.000 Menschen beteiligt waren (Herodot). Für die Ernährung dieser Menschen wurden 1.600 Talente, was dem heutigen Wert von ungefähr 10 Millionen € entspricht, ausgegeben. 


Aber nach heutiger Meinung waren nicht mehr als 8.000 Menschen am Pyramidenbau beteiligt, da mehr sich nur behindert hätten. 

Die Felsblöcke hatten eine Höhe von 80 cm bis 1,45 m. Eine Gruppe von acht Mann arbeitete gemeinsam an einem solchen Block. Sie holten ihn aus dem Steinbruch, hievten ihn mit Seilen und Hebeln auf einen Holzschlitten und brachten ihn über einen Knüppelweg zum Nilufer. Dort wurde er auf eine Barke verladen, ans andere Nilufer gebracht und auf die gleiche Art bis zum Bauplatz gebracht. Über eine 20 m breite Rampe wurden die Blöcke zu ihrem Einbauort befördert. 

Das „Pyramidon“, der 9 m hohe Gipfelblock, wurde als Abschluss auf die Pyramide gesetzt. Die Außenseiten wurden mit weißem Kalkstein verkleidet, sodass die glatte Oberfläche entstand. 

Pharao Cheops ließ den riesigen Bau als Grabmal errichten. Für das Leben im Jenseits statteten die Ägypter ihre toten Herrscher prunkvoll aus.  

Der Pyramideneingang befindet sich auf der Nordseite, wo man über ein verzweigtes Gangsystem in die Königskammer, die sich im Zentrum der Pyramide befindet, gelangt. Hier befindet sich der aus rotem Granit gefertigte Königssarkophag. Die Königskammer selbst ist auch mit rotem Granit ausgekleidet. 

Schon im Altertum verschafften sich Grabräuber Zugang ins Innere der Pyramide. Das Gold schmolzen sie ein und verkauften es mit anderen Kultobjekten auf dem Schwarzmarkt. Die Habgier der Plünderer war stärker als die Angst vor Entdeckung. Wertvolle Kunstgegenstände gingen so für immer verloren.

Als ca. 3.500 Jahre später der Grabräuber Kalif Allah al-Ma´Mun, in der Hoffnung auf Schätze die Pyramide betrat war sie leer. Nur ein leerer Granitsarkophag war in der Königskammer. Von der Mumie des Pharao Cheops fehlt bis heute jede Spur. 

Ob die Pyramide jemals als Grabstätte benutzt wurde, wird heute aus drei Gründen bezweifelt:die Kammer ist, entgegen dem damaligen Brauch, nicht verziert,der Sarkophag ist nur roh behauen und der Deckel fehltaus der Kammer führen zwei enge Luftschächte ins Freie. Tote aber haben damals so wenig geatmet wie heut.

Nach dem Brand in Kairo von 1.168 wurden für die Wiederaufbauarbeiten die obersten Schichten der Pyramide und die weißen Kalksteinplatten abgetragen. Sie ist heute nur noch 137 m hoch.

 

 

 

 

Pyramidenwächter (Sphinx)

Die Sphinx - Das Lächeln der Pharaonen
Die Sphinx von Gizeh steht inmitten der größten Pyramiden der Erde. Vermutlich vor 4.500 Jahren wurde die erste Kolossalstatue der Welt aus einem Stein gemeißelt. Wahrscheinlich zu Ehren von Pharao Chephren, doch wissenschaftliche Beweise dafür sind rar. 

Mit drei Mammutbauwerken ließen die Pharaonen Cheops, dessen Sohn Chephren und Enkel Mykerinos im Tal von Gizeh ihren Namen für die Ewigkeit festhalten. In diesem Teil des Landes wurden bisher 80 Pyramiden gefunden, aber nur eine Sphinx. Mit Menschenkopf und Löwenkörper gleichermaßen Zeichen für die Macht des Königtums als auch Bildnis des Herrschers, den Blick gen Osten zum Nil gerichtet. Mit einer Länge von 73 Metern und einer Höhe von 20 Metern ist die Sphinx nach herrschender Lehrmeinung etwa 2500 v. Chr. entstanden. 

Geschaffen aus einem Felsblock
An einem Stück aus einem Fels gehauen, gibt sie noch heute Rätsel auf. Experten schätzen die Bauzeit auf etwa 10 Jahre. Nach wie vor ist unklar, ob Chephren, sein Vater Cheops oder ein anderer Pharao die Statue errichten ließ. Inschriften oder andere Zeugnisse fehlen weitgehend. Ein Rätsel stellt auch der unproportional kleine Kopf im Verhältnis zum riesenhaften Körper dar. Hatte Chephren nur ein früheres Gesicht in sein eigenes umarbeiten lassen? Zudem liegt der Zweck des Fabelwesens im Dunkeln. 

Gibt es einen astrologischen Hintergrund?
Zahi Hawass, Chefarchäologe von Gizeh, vermutet einen religiösen beziehungsweise astrologischen Hintergrund. Vor der Kolossalstatue steht der so genannte Sphinx-Tempel mit zwölf leeren Sockeln, vermutlich für steinerne Bildnisse des Erbauers Chephren, der der irdische Stellvertreter des Gottes Re war. Die Zwölf steht dabei für die Stunden des Tages und der Nacht, sowie die Monate eines Jahres. Etwas abseits liegen die Gräber für höher gestellte Handwerker, einfache Handwerker hingegen wurden in Ziegelgräbern beerdigt, das niedere Volk einfach im Sand verscharrt. Die Sphinx selbst wurde trotz ihrer Größe gleich mehrere Male im Sand vergessen, bevor sie irgendjemand wieder ausgrub. 

Kontroverse Meinungen
Über ihr genaues Entstehungsdatum gibt es nach wie vor Streit. Der amerikanische Geologe Robert Schoch brachte die heile Sphinxwelt erst kürzlich durcheinander, weil er behauptete, der Löwenmensch müsse vor 10.000 Jahren entstanden sein. Seine Informationen bezog er aus dem Verwitterungszustand des Gesteins, das durch Regen wesentlich angegriffener sei, als es nach der „kurzen Zeit sein dürfte. Für Ägyptologen und Archäologen klingt die These geradezu unsinnig, das Know How sei zur damaligen Zeit noch viel zu gering gewesen. 

Die Sphinx wurde immer wieder von Sand begraben und vergessen. Dass ein Bauwerk von 20 Metern Höhe, obwohl nur teilweise mit Sand zugeschüttet, immer wieder übersehen wurde, ist erstaunlich. So soll der Grieche Herodot, als er die Pyramiden besuchte, die Sphinx einfach ignoriert haben.


In der so genannten Zwischenzeit hatten die Ägypter andere Sorgen, als sich um die Statue eines „Größenwahnsinnigen zu kümmern. Aufstände und Anarchie überzogen das Land. Die Sphinx geriet für einige Jahrhunderte in Vergessenheit. Der Wind bedeckte den riesigen Körper nach und nach mit Sand, so dass nur noch der Kopf herausschaute. Erst 1.400 v. Chr. wendet sich das Blatt. Prinz Tutmosis ruht nach sportlicher Ertüchtigung im Schatten der Sphinx. Im Traum erscheint ihm der Löwenmensch und verspricht ihm Herrscherehren, wenn er den Löwenkörper vom Sand befreie. Eigentlich nicht für den Thron vorgesehen, ergibt sich der Prinz in sein Schicksal. Der „Möchtegernpharao ermordet kurzerhand seinen Bruder und besteigt den Thron als Tutmosis der IV. Anschließend verhilft er der Sphinx zu neuen Ehren, lässt sie mit farbigen Steinen einkleiden und widmet sie dem Gott Horus. Die Traumgeschichte lässt Tutmosis der IV. in Stein meißeln und zwischen den Vorderbeinen der Sphinx errichten. Das „Schriftstück ist heute als Traumstele bekannt. Indes taucht in der Schrift mehrmals das Wort „Cheph auf, für Experten ein Hinweis auf den Erbauer Chephren. 

Versandet und vergessen
In der Folgezeit gerät die Sphinx wieder in Vergessenheit und wird erneut von Sand zugeschüttet, diesmal allerdings für eine lange Epoche. Vermutlich wegen ihres sandigen Gewandes übersehen, verpasst sie eine Erwähnung durch den antiken griechischen Geschichtsschreiber Herodot, was Wissenschaftler und Esoteriker noch heute zu wilden Spekulationen treibt. 1798 entdeckt Napoleon die Sphinx erneut und lässt sie vollständig freilegen. Jetzt allerdings ohne Nase. Entgegen Behauptungen aus Frankreich, ein Gallier namens Obelix habe sie abgebrochen, soll ein moslemischer Eiferer die Nase etwa im 11. Jahrhundert abgehackt haben. Andere Quellen berichten, Napoleon selbst habe die Sphinx zunächst als Zielscheibe benutzen lassen. 

Spekulationen
Ein weiterer Punkt für Spekulationen ist ein Stück Zeremonialbart, das im 19. Jahrhundert gestohlen und in ein Londoner Museum gebracht wurde. Derlei Kunstbärte wurden von den alten Ägyptern eigentlich erst nach Chephren benutzt, der Bart könnte aber auch nachträglich angebracht worden sein. Bei einem Gewicht von mehreren Tonnen ist dieser Gedanke aber eher auszuschließen. Ägypten versucht seit Jahrzehnten, das geflochtene Fundstück wiederzubekommen.1998 vollendeten Experten die vorerst letzte Restauration an der Sphinx. Nach achtjähriger Bauzeit, über 12.000 neuen Steinen und Kosten von über drei Millionen Euro erstrahlt sie in neuem Glanze - noch immer ohne Bart und ohne Nase. 

Der Koloss birgt noch immer Neuigkeiten in sich. Erst Ende des letzten Jahrhunderts wurde ein geheimnisvoller Gang gefunden. Mangels technischer Hilfsmittel und Zeit ließ der Antikenchef von Gizeh, Zahi Hawass ein Kind den engen Gang hinunter. Nach sechs Metern war Schluss, der Gang blockiert. Neue Anläufe, den rätselhaften Tunnel zu erkunden, gibt es derzeit nicht.

 

 

 

Baumeister der Pyramiden

Nur wenig ist bekannt über die Menschen, denen Planung und Ausführung der Riesenprojekte gelang. Über enormes astronomisches Wissen verfügten die Erbauer der Cheops-Pyramide. Exakt am Kompass ausgerichtet, stehen Proportionen und Winkel des Giganten in direkter Beziehung zu den Abmessungen des Erdumfangs, der Distanz zwischen Erde und Mond sowie der Entfernung zur Sonne. 

Während verschiedene Theorien über die Architekten des Wahrzeichens altägyptischer Hochkultur miteinander konkurrieren, gilt Imhotep – „der in Frieden kommt“ – als der Baumeister der ca. 4.600 Jahre alten Stufenpyramide von Sakkara.  

Der Hohepriester erfreute sich großer Beliebtheit und hohem Ansehen, auch als Arzt und Gelehrter. In der ägyptischen Spätzeit als Gott verehrt, huldigten auch die Griechen dem Universalgenie als Vater der Medizin. 

Bis heute bleibt das Grab mit der Mumie Imhoteps unentdeckt. Wissenschaftler fanden aber annähernd eine Million mumifizierter Ibise, die zu Ehren der großen Persönlichkeit bestattet wurden. Die Forscher sind überzeugt, in unmittelbarer Nähe des lange gesuchten Ortes zu sein. 

Ebenso wie in Ägypten benutzten auch die Herrscher Chinas Pyramiden als Grabmahl. Der erste Kaiser von China, Quin Shi Huangdi, wurde seinem sagenhaften Reichtum entsprechend bestattet. 

Zu jener Zeit entstanden in Mittelamerika Stätten mit zahlreichen, künstlerisch gestalteten Steinpyramiden. Die beeindruckenden Bauwerke der Maya waren exakt an Sternenkonstellationen ausgerichtet.  

Die Wissenschaft versucht zurzeit intensiv das Geheimnis der Baumeister der Pyramiden zu enträtseln.

 

Nekrople Arbeiter


In Lohn und Brot beim Pharao

Wie es am Hofe der Pharaonen zuging, können die Ägyptologen bis in intimste Einzelheiten schildern. Weit weniger wissen sie vom Alltag der ganz normalen Untertanen – zumal aus dem Alten Reich (2.635-2154 v. Chr.). Es wurden Reste einer Siedlung von Arbeitern entdeckt, die vor 4.600 Jahren die Pyramiden auftürmten. 

Auch an anderen Orten Ägyptens hat man Arbeiterdörfer entdeckt. Am bekanntesten ist Deir el Medineh in Theben-West. Zwischen 1.500 und 1.000 v. Chr. lebten hier jene Arbeiter, die die herrlichen Gräber im Tal der Könige schufen. Außerhalb des Dorfes fanden Archäologen Tausende von handschriftlichen Notizen auf Kalkstein- und Tonsplittern. Mitunter ist die Quellenlage so lückenlos, dass sich rekonstruieren lässt, was sich hier am ersten Tag einer Woche im Hochsommer des Jahres 40 des Pharaos Ramses II. – 1.250 v. Chr. zugetragen hat:
An jenem Tag drängten sich 40 Nekropolen-Arbeiter (Nekropole, gr. = Begräbnisstätte des Altertums) noch vor Sonnenaufgang am einzigen Tor in der Umfassung des Dorfes. Die Vorarbeiter meldeten dem Schreiber die Namen der Anwesenden, die in eine Liste eingetragen wurden: Aapechti, so entzifferten Jahrtausende später Archäologen die überlieferten Texte, war immer noch krank, Pennefer kam nicht, da es seiner Mutter schlecht ging, und Rahotep hatte Bier gebraut und war immer noch betrunken. 

Dann verteilten die Vorarbeiter Werkzeuge und Verpflegung an die Trupps und machten sich auf den kilometerlangen Fußmarsch über das Gebirge ins Tal der Könige, wo der lange Korridor im Grab von Ramses II. weiter auszuhauen war. Kleine Öllampen erhellten den Schacht notdürftig, Hitze und Staub setzten den Arbeitern heftig zu. Hustend und verdreckt torkelten sie nach Stunden zurück ans Tageslicht. Wasserträger gaben ihnen zu trinken. Dann begann nach einer kurzen Pause die zweite Schicht. 

Nach dem Abendessen legten sich die Männer in kleinen Ziegelhäusern, gleich neben der Baustelle, zum Schlafen nieder. Acht Tage mussten sie schuften, bevor es zurückging nach Deir el Medineh. Zwei Tage Erholung bei der Familie, dann begann die Plackerei von vorn. Und jeden Abend der bange Blick zum Vorarbeiter, ob das Tagessoll erfüllt war. Wenn nicht, wurde eine zusätzliche Schicht angeordnet. Doch niemand klagte, denn der Pharao hatte ihnen großen Lohn versprochen: „Die Scheunen sollen überfließen, damit nicht ein Tag des Mangels an Lebensunterhalt eintritt.“ 

Ob Pharao, Beamter, Priester oder Arbeiter – für die Grundversorgung jedes Ägypters kam der Staat auf. Während den einfachen Leuten täglich ein Liter Bier und ein großes Brot zustanden, erhielten die Oberen Fleisch, Weißbrot, Süßigkeiten, Obst und vieles mehr. Die Ernährung der so genannten kleinen Leute war nicht abwechslungsreich. Aber sie genügte, die Menschen Kräften zu halten. 

Neben Lebensmitteln gehörten auch Kleidung, Kosmetika und Körperpflegemittel zu den Deputaten, die Pharao an sein niederes Volk verteilen ließ. Aber nur einmal im Jahr und von geringer Qualität. 

Löhne ermöglichten es, sich kleine Wünsche zu erfüllen: zum Beispiel eine Amphora Wein, Schmuck für die Ehefrau oder Möbel fürs Häuschen. Und wenn das „Geld“ – Getreide oder Kupfer waren die Währungsmaße im alten Ägypten – mal nicht reichte, wurde auf Kredit gekauft. Schuldner waren arm dran, wenn mal der Lohns ausblieb: Kreditverträge platzten, hohe Verzugszinsen wurden fällig – und im schlimmsten Fall forderte der Gläubiger die Ware zurück, ohne die Anzahlung zu erstatten (vgl. Parallelen zur heutigen Zeit). 

Auch Unregelmäßigkeiten in der staatlichen Planwirtschaft stürzten die Menschen rasch ins Unglück. Dass sie sich dagegen aber auch zur Wehr setzten, überliefern weitere Quellen aus Deir el Medineh:
„Wir Arbeiter sind äußerst elend geworden. Man hat uns die sechs Maß Gerste wieder fortgenommen, um sie uns als Dreck zu Geben“, meldete der Nekropolen-Schreiber Pentaweret seinem Chef, dem Wesir (offenbar hatte ein Bonze die bereits geleistete Getreidezahlung wieder eingezogen und in schlechterer Qualität neu ausgegeben). Die Arbeiter waren empört. An diesem Tag des Jahres 1.164 v. Chr. rotteten sie sich zusammen und beschwerten sich über den Betrug. Nachdem wenigstens ein Teil ihrer Forderungen erfüllt worden waren, kehrten sie murren an ihre Arbeitsplätze zurück. 

Einige Monate später wiederholte sich der Protest: Die Menschen hungerten. Einer rief zum Streik auf, und alle machten mit. Beamte eilten herbei und versprachen im Namen des Pharaos, dass die Getreidezahlung unterwegs sei. Doch niemand glaubt ihnen, und der Streik wurde fortgesetzt.  

Am nächsten Morgen wurde die Unruhe noch stärker: Die Rationen waren tatsächlich nicht eingetroffen. Wütend strömten die Handwerker zu den Verwaltungsgebäuden, um sich mit Gewalt zu holen, was ihnen zustand. Doch die Speicher waren leer. Nun gesellten sich auch Frauen und Kinder hinzu, und gemeinsam zogen die Familien zum Totentempel von Sethos I., drangen ein und besetzten den Vorhof. Nun erst reagierte die Verwaltung und lieferte die ausstehenden Rationen. Der Streik wurde beendet. 

Trotz der geringen persönlichen Freiheit, des fast völligen Fehlens politischer Einflussmöglichkeiten und der totalen wirtschaftlichen Abhängigkeit der unteren Bevölkerungsschichten, hatten die Arbeiter mit dieser Gemeinschaftsaktion ihr Recht gegen einen korrupten Beamtenapparat durchgesetzt – „Passieren-der-Mauer“ hieß die neue Vokabel, die der altägyptische Chronist für die Beschreibung des Ausbruchs der Familien aus ihrem Dorf einführte. 

Beim Übergang vom alten ins neue Reich betrug der Monatslohn eines Handwerkers sieben bis neun Kupferdeben – oder einen entsprechenden Gegenwert in Getreide. Was konnte man sich in der ägyptischen Planwirtschaft mit ihren konstanten Preisen dafür kaufen? Sechs Kilo Fisch oder ein halber Liter Honig oder ein Arbeiterschurz kosteten ein Siebentel des Monatslohns; fünf Liter Bier oder ein Paar Ledersandalen zwei Siebentel. Für einen halben Monatslohn war ein Gewand oder ein Bronzemesser zu haben. Ein Rind oder ein Esel aber waren so teuer, dass kaum jemand sich solchen Luxus leisten konnte. 

Die höchsten Ausgaben aber tätigten die Ägypter für die eigene Grabausstattung: Ein einfacher Arbeiter ließ sie sich etwa 40 Monatlöhne kosten, eine niederer Beamter sogar über 100. Unermesslich war der Preis für ein standesgemäßes Pharaonengrab: Allein der goldene Sarg des Tut-ench-Amun – der innerste von insgesamt dreien – entsprach dem Gegenwert von etwa 35.000 Monatslöhnen eines Arbeiters. Was Wunder, dass Grabraub weit verbreitet war. 

Wie die Obrigkeit mit ertappten Dieben verfuhr, konnten Ägyptologen einer Aufzeichnung aus der Zeit der 20. Dynastie entnehmen: 1.121 v. Chr. hatte Ramses IX. seinen Wesir nach Theben geschickt, damit dieser über eine Gruppe Grabräuber richten sollte:
Alle, die im Tal der Könige beschäftigt waren, hatten zum Prozess erscheinen müssen. Pachihat, einer der Arbeiter, wurde von Wachmännern herbeigeschleift. Er blutete aus vielen Wunden. Tagelang hatte man ihn streng verhört. Vor Gericht gestand er mit zittriger Stimme: „Wir drangen in die Gräber von Theben-West ein, und wir brachten das Silber und Gold, das wir diesen Gräbern fanden, auf die Seite. Wir stahlen es und verkauften es im Boot des Kaufmanns Djar im Hafen von Theben: Alle sechs von uns gingen zusammen. Es war der Fischer Panachtemipet, der uns übersetzte, und sein Anteil war exakt der gleiche wie unserer.“ 

Es bedurfte erneuter Prügel, bis Pachihat schließlich auch die Namen seiner Kumpane verriet. Nach kurzer Beratung mit seinen Beisitzern sprach der Wesir das einzig mögliche Urteil: Der Angeklagte wurde sofort und vor aller Augen hingerichtet. Wie, das bedeutet die entsprechend Hieroglyphe unmissverständlich: Sie zeigt einen Mann, der von einem Phal durchbohrt ist. Das gleiche Schicksal erlitten Pachihats Komplizen. 

Auch in Deir el Medineh wurde sonntags auf dem Dorfplatz Gericht gehalten. Entschieden wurden Streitigkeiten zwischen Gläubigern und Schuldnern, Reklamationen fehlerhafter Ware, Testamente wurden beglaubigt, Eheverträge geschlossen – und alles wurde von der versammelten Arbeiterschaft bezeugt. 

Gelegentlich kam es dort sogar zu Strafprozessen: Ein heimkehrender Dorfbewohner hatte seine Frau mit einem anderen im Bett erwischt. Er zeigte den Nebenbuhler an und erreichte nur, dass er, der Betrogene selbst, hundert Stockschlage erhielt. Das Gericht hatte ihm nicht geglaubt – vielleicht, weil er nur der Diener eines Arbeiters war? Erst nachdem ein Vorarbeiter für den Pechvogel eingetreten war und dessen Aussage bestätigt hatte, wurde der Ehebrecher angeklagt und verurteilt. 

Ein anderer Fall bewegte die Arbeiter von Deir el Medineh viele Jahre lang: Ein gewisser Paneb gründete in jungen Jahren eine Art Straßengang, die die Menschen terrorisierte. Im Schutz der Dunkelheit warf er mit schweren Steinen nach Spaziergängern, um sie zu verletzen und dann zu berauben. Er plünderte das Grab der Prinzessin Henutmire und prügelte mit seinen Schlägern eine Familie aus ihrem Heim, das er selber haben wollte. Als Paneb, dann auch noch in das Haus seines Vorarbeiters einbrach und dabei wilde Morddrohungen ausstieß, war das Maß voll: Er wurde angezeigt.  Doch statt den fälligen Schuldspruch zu empfangen, gelang es ihm, seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen; Paneb konnte den Wesir beim Pharao in Verruf bringen und durch Bestechung dessen Abberufung erreichen. Danach kehrte der Rowdy nach Deir el Medineh zurück und widmete sich dem Grabraub und anderen Verbrechen: Er vergewaltigte mehrere Frauen, tötete unliebsame Zeugen und wurde – wieder durch Bestechung – sogar zum Vorarbeiter befördert! 

Von da an konnte Paneb seine kriminellen Energien noch gezielter einsetzen: Statt für den Pharao ließ er seine Untergebenen für sich selbst arbeiten. Mehrfach stahl er Baumaterial und Werkzeug aus dem Königsgrab. Und ermordete alle, die ihn verraten wollten. Dass Paneb am Ende doch angeklagt und hingerichtet wurde, hatte er seinem Bruder zu verdanken; der hatte ihn angezeigt.  

Quelle: GEO (Jahr unbekannt)

 

 

Pyramiden in aller Welt

Viele Kulturen errichteten die gewaltigen Prunkbauten

Die Pyramiden Ägyptens sind nicht die einzigen spitzförmigen Bauwerke. Ob durch Ägypter inspiriert, wie bei den Nubiern, oder unabhängig entstanden, wie bei den Maya und Moche - Pyramiden wurden in aller Welt zu unterschiedlichen Zwecken errichtet. 

Die Geschichte der ägyptischen Pyramiden begann um 2.600 v. Chr.: König Djoser ließ einen Hügel aus Stein errichten, mit dem er sich unvergesslich machen wollte. Sein Baumeister Imhotep setzte des Königs Traum in die Tat um und konstruierte die Stufen-Pyramide von Sakkara, die erste ihrer Art. Bis zum Höhepunkt der pyramidalen Baukunst vergingen allerdings noch einige Jahre. Mit 146 Meter Höhe war die Cheops- Pyramide die höchste von allen. Doch im Laufe der Jahrhunderte bröckelte die Spitze ab. 

Etwa 1.000 v. Chr. stellten die Ägypter den Pyramidenbau ein. Etwa zweihundert Jahre später wurden sie von den Nubiern besiegt, die lange von der Macht am Nil unterdrückt worden waren. Die neuen Machthaber fanden Gefallen an den prächtigen Gebäuden, und in der Folge entstanden über 200 Pyramiden in Nubien, dem heutigen Sudan. 

Menschenopferstätte
Die Verwandtschaft der nubischen mit den ägyptischen Pyramiden ist nachvollziehbar, schon wegen der geographischen Nähe. Doch einige Tausend Kilometer weiter westlich, auf dem amerikanischen Subkontinent, schufen gleich mehrere Völker ähnlich aussehende Prunkbauten: angefangen bei den Olmeken, die ihre Liebe zu Pyramiden etwa 1.200 v. Chr. entdeckten, bis zu den Moche und Maya. Letztere bauten noch zu Kolumbus Zeiten ihre Kultstätten. Zum Teil ebenfalls als Königsgräber errichtet, dienten sie in der Regel kultischen Zwecken, mit einer Plattform anstelle einer Spitze. 

Auf dem über Treppen erreichbaren Plateau wurden selten Tiere, meistens jedoch Menschen geopfert, um die Götter gnädig zu stimmen. Die Bauweise ist eine andere als in Afrika: Die Urvölker Amerikas schütteten Hügel auf und umhüllten sie mit Steinen oder Ziegeln. Das Innere der Pyramiden war daher nicht begehbar. Wenn die Azteken zum Beispiel eine neue, größere Pyramide errichten wollten, überbauten sie oft eine schon vorhandene. 

Symbol oder Erleuchtung
Auch in anderen Teilen der Welt stehen Pyramiden. In Asien dienen die Bauwerke rein religiösen Zwecken. Sie gelten als Symbol für den Weltenberg Meru bei den Hindus oder als Sinnbild für die Erleuchtung der Gläubigen bei den Buddhisten. Meist waren die Tempelanlagen im Umfeld der Pyramiden weit imposanter als die Spitzbauten selbst. In Angkhor Wat sind sie sogar nur aus der Luft richtig zu erkennen.

Gibt es eine „Pyramiden-Connection?
Sogar in Europa wurden in jüngster Zeit Bauwerke mit pyramidenähnlicher Form entdeckt: auf Sardinien und Sizilien. Doch ob es sich bei den Steinhügeln tatsächlich um Reste alter Pyramiden handelt, ist wissenschaftlich umstritten.  

Ebenfalls umstritten sind Meldungen über versunkene Pyramidenanlagen vor der Küste Japans. Taucher hatten vor der Insel Yonaguni eigentümliche, treppenförmige Felsanlagen entdeckt und damit Spekulationen ausgelöst. Doch Geologen halten die vermeintlichen Pyramidenstufen eher für natürlich geformte Felsanlagen als für Überreste einer 10.000 Jahre alten Tempelanlage. 

Das weltweite Auftreten von Pyramiden und ihnen ähnlichen Gebäuden veranlasste den Experimentalarchäologen und Seefahrer Thor Heyerdahl zu der These von einer „Pyramiden-Connection: Ein Pyramiden bauendes Volk, möglicherweise ägyptischer Herkunft, soll um die Welt gereist sein und überall die spitz zulaufenden Bauwerke errichtet haben. Doch schlüssige Beweise für diese Theorie, die er bis zu seinem Tod 2002 vertrat, konnte er letztendlich nicht vorlegen.

Verblüffend: Nicht nur in Ägypten, sondern auf der ganzen Welt gibt es Pyramiden. Sensationelle archäologische Entdeckungen im westlichen Mittelmeer und auf den Canaren könnten ein ganz neues Licht auf die Geschichte der alten Hochkulturen werfen. Taucht die markante Architekturform unabhängig voneinander überall auf dem Globus auf, oder gibt es bislang noch ungeahnte Zusammenhänge, ein Netz von Beziehungen? 

Nubischer Pyramidenboom
Die meisten Pyramiden stehen im heutigen Sudan
Das Ende des ägyptischen Pyramidenbaus fällt etwa mit der Eroberung des Landes durch die Nubier zusammen. Das schwarze Volk aus dem Süden fand seinerseits so großen Gefallen an den Prunkbauten, dass seine Herrscher einen wahren Baumboom auslösten. 

Die berühmtesten Pyramiden stehen in Ägypten. Pharaonen haben sie errichten lassen, zu eigenen Ehren und als Sprungschanze in die Ewigkeit, eine höher als die andere. Sie eiferten um die Gunst des Himmels. Immer ausgeklügelter wurde ihre Innenausstattung - mit unzugänglichen Grabkammern, verwinkelten Gängen und tödlichen Fallen. 

Doch viele Pyramiden, wie die berühmten drei von Gizeh, wurden von Grabräubern geplündert. Pharao Unas wollte dies verhindern, indem er Sprüche mit Drohungen in die Wände meißeln ließ - doch ohne Erfolg. Wegen der Gefahr der Grabräuberei gingen die ägyptischen Herrscher bald dazu über, sich nicht mehr in ihren Pyramiden bestatten zu lassen, sondern an anderen, geheim gehaltenen Orten. So etwa Tutanchamun oder Ramses II im Tal der Könige. Etwa 1.000 v. Chr. schließlich stellte das Volk am Nil den Bau von Pyramiden ein. Der nubische Pharao Taharka war von Pyramiden begeistert 

Schwarze Renaissance
Doch zu dieser Zeit hatte ein anderes Volk seine Liebe zum viereckigen Spitzbau entdeckt: die Nubier. Das Volk war lange Zeit von den Ägyptern beherrscht worden. Etwa 1.800 Jahre lang, bis 800 v. Chr. hielt das Volk vom Nil die Fäden in der Hand. Dann befreiten sich die Nubier und eroberten ihrerseits Ägypten. Die farbigen Herrscher aus dem Süden übernahmen vieles von ihren Nachbarn, unter anderem auch das Pharaonentum. Der nubische Pharao Taharka soll auf einem Feldzug von den imposanten Totenhäusern der Ägypter so beeindruckt gewesen sein, dass er in seinem Land auch Pyramiden zu seinen Ehren errichten lassen wollte. 

Pyramidenboom
Eine Art antiker Bauboom setzte ein. Die viereckigen Spitzbauten der Nubier gerieten etwas kleiner als die der Ägypter, dafür waren ihre Wände wesentlich steiler. Während die Bautechnik der Ägypter noch immer im Dunkeln liegt, scheint sie bei den Nubiern bekannt zu sein. Vermutlich mit einer Art Kran hievten die Arbeiter die Steine an ihren vorgesehenen Platz. Die Hebebaumkonstruktion ist wahrscheinlich auch der Grund für die Steilheit der nubischen Prunkbauten: Steine konnten nur in begrenzter Entfernung vom Ausleger abgesetzt werden. 

Mehr Pyramiden im Sudan als in Ägypten 
In Nubien, dem heutigen Sudan, stehen mehr Pyramiden als in Ägypten. Bisher wurden die Überreste von über 200 Pyramiden gefunden. Teilweise berühren sich die Bauten sogar, das wäre bei den Ägyptern schon aus Pietätsgründen nicht möglich gewesen. 

Kleiner, steiler, ärmlicher
Die Bestattung der nubischen Pharaonen lief ähnlich ab wie die der ägyptischen Herrscher. Allerdings fehlen in den nubischen Pyramiden Kammern und Gänge. Wo also waren die sterblichen Überreste ihrer „Bauherren? Forscher fanden 1916 eine in den Fels gehauene Treppe direkt vor einer Pyramide. Die Stufen führten zu einem Grab. Im Totenraum erwartete die Wissenschaftler eine Überraschung: Die Reichtümer, die am Nil mit ins Grab gegeben wurden, fehlten bei den Nubiern völlig. Die Gräber wirken fast ärmlich, ohne Gold und Geschmeide musste der König den Weg ins Jenseits antreten. Die Mumie lag auf einem einfachen Totenbett aus Stein, weder ein Sarkophag noch ein Holzsarg schützten den Leichnam.
 

Blutige Tempel
Die Pyramiden Mittelamerikas waren Schauplätze grausamer Opferrituale
In großer Zahl wurden bei Azteken und Maya Menschen geopfert, um die Götter zufrieden zu stellen. Ganz anders die Bedeutung asiatischer Pyramiden - sie dienten der Lebenshilfe und Erleuchtung. 

Mit dem 14. Jahrhundert begann die Blüte der Azteken in Mexiko. Von einem kleinen unterdrückten Volk in einem Sumpfland entwickelten sie sich zu einer der stärksten Mächte auf dem Kontinent - bis die Spanier ihr ein Ende setzten.

Grausame Rituale
Charakteristisch für die Pyramiden der Indianer ist die Stufenform, die nach oben mit einer Plattform abgeschlossen wird. In einem dort errichteten Tempel wurden zu Ehren der Götter Menschen geopfert, offenbar in unvorstellbarem Ausmaß. Einer alten Schrift zufolge sollen innerhalb von vier Tagen 20.000 Gefangene getötet worden sein. 

Die Opfer mussten sich auf einen gewölbten Stein legen, wo ihnen mit einem Steinmesser das Herz herausgeschnitten wurde. Die Köpfe der Getöteten wurden anschließend auf einer Art Regal zur Schau gestellt. Vor allem Feinde kamen in diese „Gunst. Jedoch war es auch für einen Azteken-Krieger eine hohe Ehre, geopfert zu werden. Nicht selten meldeten sie sich freiwillig für „das letzte Ritual. 

Spiel um Leben und Tod
Auch die Maya nutzten ihre Stufenpyramiden als Kultstätte für Menschenopfer. Um einiges früher als die Azteken, etwa 300 n. Chr., begannen sie mit dem Bau von Stufenpyramiden. Jedoch ließen dort nicht nur Feinde ihr Leben. Auch die Verlierer eines bestimmten Mannschaftsballspiels wurden geopfert. Als eine Art Mischung aus Basketball und Fußball, musste der Ball in einem Steinkorb versenkt werden. Das Spiel dauerte oft mehrere Tage. Für die Zuschauer hatte das grausame Ende der Verlierer einen Vorteil: Die Spieler waren vermutlich um einiges motivierter als so mancher hoch bezahlte Fußballprofi heute.

Ein weiteres Volk, das Pyramiden errichtete, waren die Moche. Im heutigen Peru steht die über 40 Meter hohe Sonnenpyramide, eines der größten Bauwerke des vorkolumbianischen Amerika. Die Moche fertigten kunstvolle Keramiken, mit charakteristischer, orangebrauner Bemalung auf beigefarbenem Grund. Abgebildet sind Aspekte des Alltagslebens und mythische Motive. Letztere zeigen auch Priester, die Menschenopfer darbringen und Götterkostüme tragen. Die Blütezeit der Moche reicht vom zweiten bis zum achten Jahrhundert. Danach verließen sie ihre Städte aus unbekannten Gründen. 

Lebenshilfe und Erleuchtung
Sehr viel friedlicher ist die Funktion buddhistischer Pyramiden, sie dienen einer Art Lebenshilfe. Der Gläubige arbeitet sich entlang vieler Reihen von Bildern Stufe für Stufe zur Spitze der Bauwerke empor. Jedes Bild beinhaltet einen Rat, eine Art ausführlicher zehn Gebote. Das kann eine aufwendige Lebensaufgabe werden, so sind bei der Pyramide von Borobudur fast fünf Kilometer bebildert und je höher der Pilger kommt, desto schwieriger ist die Entschlüsselung der Darstellungen. Daher brauchen die Gläubigen noch heute viel Zeit, manchmal Jahre. Am Ende steht die Stufe der Erleuchtung und der freie Himmel über der Spitze der Pyramide. 

Das Erbe der Khmer
Der berühmteste Tempel Kambodschas ist Angkor Wat, seit 1992 Weltkulturerbe. Archäologen aus aller Welt bemühen sich um seine Erhaltung. Doch in seiner Umgebung gibt es noch andere Tempel aus der Blütezeit des mächtigen Königreiches der Khmer vor über 1.000 Jahren. 

Es ist eine Rüttelpisten-Rallye durch den Dschungel. Eine Rallye in Kambodschas Vergangenheit. Oft geht es nur im Schritttempo voran. Neun Stunden braucht man für die 150 Kilometer von Angkor Wat bis Koh Ker: eine Zeitreise über elf Jahrhunderte, zurück zu den frühen Khmer- Königen und ihren ersten Tempeln - grandioses Menschenwerk in surrealistischer Umklammerung durch die Natur.

Beklagenswerter Zustand
Im Gegensatz zum weltbekannten Angkor Wat sind die Tempel von Koh Ker in beklagenswertem Zustand. Überwuchert und teilweise gesprengt von mächtigen Baumwurzeln und rücksichtslos geplündert in Zeiten des Terrors und des Bürgerkriegs. Noch immer ist das Gelände lebensgefährlich vermint. Koh Ker und seine Tempel waren eine Hochburg der Roten Khmer - bis zuletzt. Sie verwandelten die heilige Stätte in ein Minenfeld. Jetzt muss Quadratmeter um Quadratmeter abgesucht werden. Ein außergewöhnlicher Einsatzort für die Minensuchkommandos. 

Die Tempelanlage ist um das Jahr 900 entstanden und damit 300 Jahre älter als das Flaggschiff der Khmer-Kultur Angkor Wat. Der Haupttempel ist über 40 Meter hoch. Ein Steinkoloss aus riesigen Quadern über sieben Ebenen aufgetürmt, dem Hindugott Shiva geweiht, dem Gott der Zerstörung. 

Die Khmer sind nun zurückgekehrt ins Land ihrer Ahnen, aus dem Pol Pot sie vertrieben hatte. Auf der Suche nach ihrer Identität besinnen sie sich wieder auf die alten heiligen Stätten. Sie wollen weitere Plünderungen verhindern, die verbliebenen Schätze sichern, die Minen räumen und die Architektur dieser Hochkultur den Kambodschanern - und natürlich auch Touristen - zugänglich machen. 

Rätsel am Meeresboden
Die Pyramide von Yonaguni
Als ein Taucher in den 80er-Jahren auf ein eigentümlich rechtwinklig geformtes Felsplateau stößt, glaubt er sofort an eine alte Pyramide. Wissenschaftler bestreiten das, da keine Zeichen menschlicher Anwesenheit zu finden sind. 

Steinwälle wie Schlossmauern
Kihachiro Aratake ist eigentlich Tauchlehrer und betreibt einen kleinen Shop auf der japanischen Insel Yonaguni, im äußersten Süden Japans. Was er bei einem Tauchgang 1985 zu Gesicht bekommt, verschlägt ihm zunächst die Sprache: Nur etwa fünf Meter unter der Oberfläche breitet sich eine tempelartige Felsformation aus. 200 Meter lang und 150 Meter breit. Plätze, Straßen und Treppen, oft schnurgerade und in sorgfältig geplanten Winkeln - so scheint es. Überwältigt berichtet er von Steinwällen, die „wie Schlossmauern emporragen, einer Anlage, die aussähe wie die Tempel im Reich der Inka. Einer Schätzung von Experten zufolge soll der mysteriöse Fels etwa 10.000 Jahre alt sein, was einer Sensation gleichkäme. Mehrere Tausend Jahre vor den Ägyptern soll eine unbekannte Zivilisation Städte angelegt haben, die die Gebäude der Nilbewohner in den Schatten stellen. Zu einer Zeit, in der die noch recht einfache Jomon Kultur Japans Inseln bewohnte, die außer Keramiken nur wenig hinterlassen hat.  

Pendant zu Atlantis?
Masaaki Kimura, Meeresforscher an der Ryukyus-Universität auf Okinawa, ist sich sicher: Am so genannten Iseki-Point (Ruinenplatz) steht ein Bauwerk des verschollenen Kontinents Mu, dem pazifischen Pendant zu Atlantis. So gerade Linien, vollendete Stufen und Löcher, die nach Aussage des Japaners nur Säulenfundamente sein können, müssten von Menschenhand erschaffen sein. Dem pflichtet Graham Hancock, Bestsellerautor und „Atlantis-Suchender gerne bei. Er ist ebenfalls überzeugt, dass die Formation menschlichen Ursprungs ist. Den wissenschaftlichen Beleg für die „Tempeltheorie sind beide bislang schuldig geblieben. Robert M. Schoch ist Geologe an der Boston University und hat mit seiner Umdatierung der Sphinx für einige Furore gesorgt. Er ist nach mehreren Tauchgängen überzeugt, dass es sich bei Yonaguni um natürliche Felsen handelt, die aber möglicherweise von Menschenhand verändert wurden. Kimura und Kollegen glauben, dass der Fund mindestens 10.000 Jahre alt ist. Der Bau habe einmal an Land gestanden. Als der Meeresspiegel vor etwa 10.000 Jahren bedingt durch das Ende der letzten Eiszeit anstieg, habe das Wasser das Monument verschluckt. Ungeachtet der Skepsis einiger Wissenschaftler ist Yonaguni längst zum Mekka für Esoteriker, Atlantis- Suchende oder einfach neugierige Taucher geworden. Entdecker und Tauchladenbesitzer Aratake ist begeistert vom Ansturm auf sein Inselchen, davon profitiert auch sein Geschäft und das Hotel seiner Eltern.

 

 

Petersdom

Peterskirche im Vatikan
Der Neubau der Peterskirche, die San Pietro in Vaticano, wurde 1506ff (anstelle der Basilika aus der Zeit Konstantins d. Gr. von 316 – 342 n. Chr. auf Drängen von Papst Sylvester I.) über dem Grab des Apostels Petrus erbaut. 

Neubau von:
-          Bramante
-          Raffael
-          Michelangelo (Kuppel)
-          Maderna (Langhaus und Fassade)
-          Bernini (Kolonnaden). 

Die beeindruckende von Michelangelo entworfene 132 m hohe Kuppel ist eines der berühmtesten Wahrzeichen Roms. Die Gesamtlänge der Peterskirche beträgt einschließlich aller Vorhallen 211,50 m, die Breite 114,70 m (im Querschiff 152 m), die Fläche 15.160 Quadratmeter. 

Das Innere der Peterskirche fasst 60.000 Menschen 

Petersplatz
Der Petersplatz, eine geniale Anlage, die vielen aus den Fernsehübertragungen der großen Messen an den bedeutendsten kirchlichen Feiertagen bekannt ist, hat eine Länge von 340 m und eine Breite von 240 m.  

Er bestimmt die Wirkung der gewaltigsten Kirche der Christenheit entscheidend mit. Das Oval wird von vierfachen halbkreisförmigen Kolonnaden eingefasst, auf deren Balustrade 140 kolossale Heiligenstatuen stehen. 

In der Mitte der Platzellipse steht ein in Ägypten angefertigter 25,5 m hoher Obelisk.

 

 

Der kleinste Staat der Welt - der Vatikan

Vatikanstadt - das Reich der Päpste

Gerade mal 44 Hektar beträgt die Fläche des Kirchenstaates. Etwa 800 Menschen leben dort, nur 500 besitzen die vatikanische Staatsbürgerschaft. Trotzdem entsenden die meisten Länder einen Botschafter in den kleinsten Staat der Welt. 

Die Residenz des Papstes auf dem Monte Vaticano bei Rom ist erst seit 1929 eigenständiges Staatsgebiet. Mit dem Abschluss der Lateranverträge verzichtet das Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche auf den alten Kirchenstaat, erhält jedoch Souveränität im Vatikanstaat. 

Ursprünglich war der Sitz der Päpste und Bischöfe eher bescheiden angelegt. Erst Mitte des neunten Jahrhunderts wird das Gebiet ummauert, um die Kirchenoberhäupter gegen Überfälle der Sarazenen zu schützen. Die so genannte Leostadt entsteht, benannt nach ihrem Erbauer Papst Leo IV. Im 15. und 16. Jahrhundert wird der Vatikan weitläufig ausgebaut. 

Papst Nikolaus der V. plant eine eigene Vatikanstadt und lässt viele Gebäude, unter anderem den Petersdom, aufwendig restaurieren. Als großer Liebhaber von Büchern legt er den Grundstein für die vatikanische Bibliothek. Von seinen Nachfolgern wird der Palast erweitert. Die bedeutendsten Künstler der damaligen Zeit schaffen Werke, die noch heute ihresgleichen suchen. Unter anderem hinterlassen Raffael und Michelangelo ihre Spuren.

Kirche am Petrusgrab
Das Herzstück des Vatikans ist der Petersdom mit dem Petersplatz, die Hauptkirche des Papstes. Mit 211,5 Metern Länge, einer äußeren Höhe von 132,5 Metern und einem Kuppeldurchmesser von 42 Metern ist das Gotteshaus eine der größten Kirchen der Welt. Es wird nur übertroffen von einer Kirche neueren Datums, der Basilika Notre Dame de la Paix in Yamoussoukro an der Elfenbeinküste, fertiggestellt 1989. 

Die ursprüngliche Peterskirche wurde bereits 324 über einem Friedhof errichtet, in dem das Grab des heiligen Petrus vermutet wurde. Papst Nikolaus V. lässt den Bau 1452 erweitern, bis er 1506 unter Julius II. völlig neu errichtet wird. Zunächst ist der Künstler Donato Bramante Bauleiter, später übernimmt Michelangelo dieses Amt. Der Bau wird äußerlich etwa 1624 vollendet und nimmt ein Fünftel der Gesamtfläche der Vatikanstadt ein.

Bücher im Ungewissen
Rund um den Petersdom gruppieren sich mehrere Paläste, unter anderem der Papstpalast mit 1.000 Räumen, und einige Kirchen, darunter die berühmte Sixtinische Kapelle.  

Mehrere Museen, eine Bibliothek und eine Pinakothek (Gemäldesammlung) stehen auf dem Gelände.  

Etwa ein Drittel nehmen die weitläufigen Gärten ein, die erst seit neuester Zeit auf Antrag auch Touristen zugänglich sind. 

Außerdem beherbergt der Ministaat eine der reichsten Kunstsammlungen der Erde: etwa 50.000 Exponate. Würde ein Mensch jedes Einzelne auf dem sieben Kilometer langen Weg nur eine Minute betrachten, wäre er 12 Jahre unterwegs.  

Die Bibliothek des Vatikans ist ebenfalls einzigartig.: Etwa eine Million gebundene Bände sollen es sein. Darunter befinden sich über 60.000 Handschriften, die zum Teil bis ins 4. Jahrhundert zurückreichen. In den Archiven des Vatikans schlummern Handschriften von Virgil bis Luther. Das Geheimarchiv ist der Öffentlichkeit jedoch nicht zugänglich. Von so mancher Schrift wird wohl nie jemand etwas erfahren.

Papst auf Sendung
Der kleine Staat östlich des Tiber besitzt seit 1931 eine eigene Radiostation. Radio Vaticana sendet in 35 Sprachen. Aufgabe des Senders ist die Verbreitung der katholischen Lehre. Er stellt die Verbindung zwischen dem heiligen Stuhl und Gläubigen in aller Welt her. Das vatikanische Fernsehzentrum Centro Televisivo Vaticano (CTV) strahlt seit 1983 exklusiv Aufnahen der öffentlichen Handlungen des Papstes aus.  

Der Vatikan besitzt ferner eine Druckerei, Werkstätten, ein Kraftwerk, ein Post- und Telegrafenamt und ist mit einem eigenen Bahnfof an das Netz der italienischen Eisenbahn angeschlossen.

Bodyguards des Papstes
Der Vatikan unterhält eine eigene Security-Gruppe, die Schweizergarde. Die „Bodyguards“, die mit Helm und Hellebarde eher zur Zierde dann zum Schutz zu gereichen scheinen, wachen seit 500 Jahren über katholische Kirchoberhäupter. Genauer seit jenem denkwürdigen 6. Mai 1527, als 147 Gardisten ihr Leben ließen, um Papst Clemens VII. vor den Plünderern Kaiser Karls V. zu retten. Damit ist die Schweizergarde die älteste Armee der Welt. 

Doch sind es nicht nur die Herren in gestreifter Galauniform, die angeblich von Michelangelo entworfen wurde. Auch Offiziere und Unteroffiziere in dunklem Anzug, mit Knopf im Ohr und häufig sonnenbebrillt, versehen bei Audienzen, messen oder Staatsbesuchen Dienst für den Papst, jedoch mit etwas moderneren Waffen unter dem Sakko. 

In der mit 110 Mann kleinsten Armee der Welt dienen ausschließlich Soldaten mit schweizerischer Staatsbürgerschaft. Sie müssen mindestens 1,74 Meter groß und katholisch sowie einen guten Leumund vorweisen können. Dann steht dem Dienst mit Hellebarde nur noch die Prüfung im Wege. Ins Gespräch kommt man mit dem heiligen Vater dabei eher selten. Er soll nicht angesprochen werden. Fragt er jedoch etwas, darf auch ein Schweizergardist antworten. 

Die Papstwahl
Das geheimste aller Rituale 
Nach dem Tod des Papstes beginnen die streng geheimen Wahlen. Den teilnahmeberechtigten Kardinälen ist es bei Strafe verboten, ein Sterbenswörtchen der Dinge zu verraten, die hinter den ehrwürdigen Türen der Sixtinischen Kapelle vor sich gehen. 

Wenn der Papst verstirbt, stellt zunächst der Kardinalskämmerer im Beisein eines Arztes und verschiedener Würdenträger formal das Ableben fest, wobei dem heiligen Vater in der Vergangenheit noch dreimal mit einem elfenbeinernen Hämmerchen auf die Stirn geklopft und er gefragt wurde, ob er schlafe. Der Tod des Papstes wird schriftlich dokumentiert, sein Arbeitszimmer und die Privatgemächer werden versiegelt. In diesem Moment ist die katholische Kirche de facto führerlos, das heißt die Zeit der so genannten Sedisvakanz hat begonnen. Der Dekan der Kardinäle ergreift formal Besitz vom Apostolischen Palast, vom Lateranpalast und dem Sommersitz des Papstes in Castelgandolfo. 

Absolute Verschwiegenheit
In der kurzen Zeit der Demokratie im Kirchenstaat treffen Kardinäle aus aller Welt ein, um einen neuen Papst zu wählen. Seit 1049 besitzen allein sie das Recht, den obersten katholischen Hirten auf Erden zu bestimmen. Nach der Beerdigung des heiligen Vaters treffen sie sich im Apostolischen Palast zur Generalkongregation. An diesen Beratungen müssen alle Kardinäle teilnehmen, wenn sie nicht mit guter Begründung verhindert sind. Sie müssen mit einer Hand auf dem Evangelium schwören, die Vorschriften zu beachten und alles geheim zu halten, was mit der Wahl in Zusammenhang steht. In der völligen Abgeschiedenheit des Konklave, hinter nach alter Tradition vermauerten Türen der Sixtinischen Kapelle, bestimmen die Kardinäle ein neues Oberhaupt. Nur die „jüngeren unter ihnen dürfen teilnehmen, jene über 80 sind ausgeschlossen. Immerhin haben sie das Recht, an den vorbereitenden Beratungen teilzunehmen. 

„Ich rufe Christus, der mein Richter sein wird, zum Zeugen an, dass ich den gewählt habe, von dem ich glaube, dass er nach Gottes Willen gewählt werden sollte.“
Eidesformel der Kardinäle bei der Stimmzettelabgabe.


Hinter vermauerten Türen
Im Konklave dürfen die Kardinäle keinerlei Kontakt zu Außenstehenden aufnehmen. Akribisch wird die Kapelle vorher auf Wanzen abgesucht, um den Wahlgang vollständig geheim zu halten. Drei Wahlhelfer, drei Wahlprüfer und drei Personen, die die Stimmzettel der Kranken einsammeln, werden per Los bestimmt. Dann erhält jeder Kardinal doppelt zu faltende Wahlzettel mit der Aufschrift „Eligo in Summum Ponteficem, zu deutsch „zum Papst wähle ich“. In möglichst verstellter Schrift schreiben die Wähler den Namen ihres Favoriten auf den Zettel und legen ihn, mit erhobener Hand einzeln vortretend, auf einen Teller. Dabei müssen sie eine Eidesformel sprechen: „Ich rufe Christus, der mein Richter sein wird, zum Zeugen an, dass ich den gewählt habe, von dem ich glaube, dass er nach Gottes Willen gewählt werden sollte. Damit kippen sie den Zettel in die Urne.
 
Namen in Rauch
Die Namen werden bei der Auszählung laut vorgetragen und die Zettel an einer Schnur aufgereiht, wobei das Loch dafür genau oberhalb des Wortes Elegio zu stechen ist. Ein Papst ist gewählt, wenn ein Kandidat eine zweidrittel Mehrheit erlangt. Bei einer Entscheidung ohne Mehrheit, werden die Zettel verbrannt. In der Vergangenheit wurden sie mit Pech bestrichen und in einem Ofen, dessen Rohr vom Petersplatz zu sehen sein musste, verbrannt. Die schwarze Rauchwolke zeigte dem Volk an, dass die Entscheidung noch nicht gefallen ist. Erst wenn die Zettel und sämtliche Notizen ohne Pech in weißem Rauch aufgingen, war der neue Pontifex bestimmt. 

Ist der Gewählte anwesend, wird er auf lateinisch gefragt, ob er die Wahl annimmt und welchen Namen er tragen möchte. Der ranghöchste Kardinaldiakon gibt das Ergebnis auf der Loggia des Petersdomes dem Volk bekannt. Der neue Papst erteilt dem Volk den apostolischen Segen. 

Öffentliche Zeremonien erfordern die höchste Sicherheitsstufe. 1981 wäre Johannes Paul II. beinahe einem Attentat zum Opfer gefallen. 

Der Papst und die Macht
Katholizismus zwischen Gestern und Heute 

Die Macht des Vatikans reichte weit. In der Vergangenheit krönte der Papst Kaiser oder verstieß sie vom Thron. Die politisch Macht des Kirchenoberhauptes ist heute stark eingeschränkt. Doch noch immer unterhält der Vatikan weitreichende Beziehungen in die ganze Welt.
Der amerikanische Kardinal Edmund Szoka übt das Amt eines Regierungschefs aus.

Der Vatikan besitzt seine eigene Regierung mit dem Papst als gewähltem Herrscher. Wie eine Art Bürgermeister verwaltet ein Kardinal die Stadt um den Petersdom. Etwa 50.00 Menschen arbeiten für den Vatikan, aber nur 800 wohnen in seinen Mauern, und nur etwa 500 besitzen die vatikanische Staatsbürgerschaft. Die erlangt man nicht durch die Gnade der Geburt, sondern durch Wahl. Obwohl der Papst in erster Linie ein geistlicher Führer ist, entsenden die meisten Staaten der Welt einen Botschafter ins kleine Land in der Hauptstadt Italiens. Regelmäßig sind sie zu Audienzen beim Oberhaupt der katholischen Kirche geladen, um zu besprechen, Lob oder Tadel weiterzugeben. Der Papst entsendet wiederum eigene Botschafter, Nuntien genannt, in alle Welt.  

Rekordpapst
Von 1978 bis 2005 regierte der Pole Karel Wojtyla als Johannes Paul II. den kleinen Staat. Der erste nicht italienische Papst seit 1523 besaß per Gesetz die richterliche, gesetzgebende und ausübende Gewalt im Land. Nach weltlicher Lesart ist er ein absoluter Monarch. Die Struktur der katholischen Kirche ist auf diesen einen Mann ausgelegt: Bischof von Rom, Primas von Italien, Souverän des Staates Vatikanstadt, Nachfolger des Apostels Petrus und Stellvertreter Christi auf Erden.   

Gutes von oben
Johannes Paul II. gilt als der Papst mit den meisten Kilometern auf dem Buckel. Er hält jedoch noch einen weiteren Rekord: den der meisten „neuen Heiligen, so geht eine große Zahl von Heiligsprechungen auf sein Konto. Der Vatikan nimmt diese Aufgabe nicht auf die leichte Schulter. Ein Kolleg von Berichterstattern ist beauftragt, die Vorbereitungen zur Seligsprechung zu begleiten. Eine eigene Kongregation, eine Art kirchliches Ministerium, bearbeitet die Anträge auf Seligsprechung. Sie wird von einem Pro-Präfekten geleitet und hat neben ihrem Sekretär weitere 23 Mitglieder - Kardinäle, Erzbischöfe und Bischöfe, dazu sechs Beigeordnete und 71 Berater. 

Selig sind...
Als heilig erklärt zu werden, ist die höchste Ehrung, die einem katholischen Christen widerfahren kann. Das Verfahren der Heiligsprechung ist allerdings kompliziert. Obligatorische Vorstufe ist die Seligsprechung, die erst nach dem Tod des Betreffenden erfolgen kann. Nur wer ein Leben im Glauben geführt und nach seinem Tod mindestens ein Wunder vollbracht hat, kommt in Betracht. Als Wunder gilt, etwas auf „Anruf bewirkt zu haben, das wissenschaftlich nicht erklärbar ist. Ein Beispiel ist die Seligsprechung von Mutter Theresa. Eine Frau war unheilbar an einem Unterleibstumor und Tuberkulose erkrankt. Sie legte sich ein Medaillon, das mit dem Leichnam der Ordensschwester in Berührung gekommen war, auf den Bauch. Schon einen Tag später soll sie wieder gesund gewesen sein, die Medizin stand vor einem Rätsel. Es sind jedoch nicht immer Wunder nötig. In manchen Fällen genügt es auch, als Märtyrer für den Glauben gestorben zu sein. Welcher Glauben ist dabei meist Nebensache. Für die Heiligsprechung muss noch mindestens ein weiteres Wunder nachgewiesen sein. Die einzigen lebenden Heiligen sind die Päpste, sie erreichen schon durch ihre bloße Ernennung diesen Zustand.  

Nach dem Seligen- beziehungsweise Heiligenstatus richtet sich die Art der Verehrung. Ein Seliger kann am Ort seiner Wirkung oder seines Lebens verehrt werden. Ein Heiliger darf überall angebetet werden, die Verehrung „normaler Verstorbener ist kirchenrechtlich dagegen verboten. In der Regel wird ein Relikt aufbewahrt, in der Regel ein Körperteil. Es wird dem Papst bei der Seligsprechung oder Heiligsprechung präsentiert. Die Reliquie dient fortan den Gläubigen zur Verehrung.

Moderne Kirche
In der Vergangenheit machten Päpste oft Kaiser, sie diktierten, duldeten oder verboten Hochzeiten in Herscherkreisen. Doch heute gilt der Glauben als eine persönliche Angelegenheit, die Macht der Kirche ist sehr eingeschränkt. Aus der gefürchteten Inquisition ist die Glaubenskongregation geworden, die sich mit der Reinheit der katholischen Lehre oder Wunderheilungen befasst.


Und wo die Kirche in der Vergangenheit Wissenschaftler wie den Astronomen Galileo Galilei mit Folter und Feuer bedrohte, unterhält der Vatikan heute moderne Laboratorien und - Ironie des Schicksals - ein Teleskop. Der Vatikan unterstützt auch einen Radrennstall, mit Namen „Amore e Vita, Liebe und Leben - viele Zeichen modernen Denkens also, und doch haftet am Vatikan und seinen Angestellten der Staub der Geschichte. 

Seit 2005 ist der frühere Kardinal Ratzinger der erste deutsche Papst seit 1523. Er nennt sich Benedict XVI.

Und wo die Kirche in der Vergangenheit Wissenschaftler wie den Astronomen Galileo Galilei mit Folter und Feuer bedrohte, unterhält der Vatikan heute moderne Laboratorien und - Ironie des Schicksals - ein Teleskop. Der Vatikan unterstützt auch einen Radrennstall, mit Namen „Amore e Vita, Liebe und Leben - viele Zeichen modernen Denkens also, und doch haftet am Vatikan und seinen Angestellten der Staub der Geschichte. 

Streit um den Mittelpunkt der Werlt - Galileo Galilei

Revolutionäre Erkenntnis: heliozentrisches  Weltbild des Astronomen Nikolaus Kopernikus

 Die geheime Inquisition - Kerker des Geistes 

 Der trickreiche Kardinal Bellarmin
Kardinal-Inquisitor Robert Bellarmin (1542-1621) war der größte katholische Theologe seiner Zeit. Seine polemischen Schriften werden sogar von seinen Gegnern heimlich bewundert. Mächtigen Intellektuellen wie Bellarmin verdankt das Papsttum seine Rückkehr zur Macht nach den Stürmen der Reformation. 

Selbst für einen Galileo Galilei (1564-1642) ist es eine seltene Ehre, dem ehrwürdigen Bellarmin seine Aufwartung zu machen. Dabei ist der Astronom und Physiker Galilei einer der berühmtesten Wissenschaftler seiner Zeit. Doch Bellarmin ist die graue Eminenz im Heiligen Offizium, der gefürchteten römischen Inquisition. Bei einem ersten Treffen sind sich Galilei und Bellarmin als Gelehrte begegnet. Wenige Jahre später ist Robert Bellarmin wieder mit Galilei befasst - doch diesmal in der Rolle des Inquisitors: Galilei als Astronom ist denunziert worden. Die Anzeige ist sehr ungewöhnlich, noch nie zuvor hat sich die Inquisition mit Naturwissenschaft beschäftigt. 

Bis zur Entdeckung von Kopernikus glaubt die Menschheit an das geozentrische Weltbild von Ptolemäus.
 
Ketzerische Lehre
Die Erde steht still und ist der Mittelpunkt der Welt, so wird die Bibel interpretiert. Für den Astronom Nikolaus Kopernikus dagegen steht die Sonne im Zentrum des Universums und wird von der Erde umkreist. Als mathematische Theorie erregt dieses „heliozentrische Weltsystem lange keinen Anstoß und dient sogar einem Papst zur Berechnung des neuen gregorianischen Kalenders. Doch Galilei macht aus der Theorie eine feststehende Wahrheit. Galilei rührt an uralte Gewissheiten: Es geht nicht nur um Sonne und Erde, es geht um den Anspruch der Naturwissenschaft, mit der Bibel zu konkurrieren. Es geht um das Wesen der menschlichen Existenz. Denn der Mensch als Krone der Schöpfung in der Welten-Mitte wird in Frage gestellt.

Dass Galilei der Theologie ins Handwerk pfuscht, kann Bellarmin nicht hinnehmen. Doch ein Prozess würde dem Ansehen der Kirche zutiefst schaden. Bellarmin greift zu einem Trick. Er verbietet zwar die Lehre, dass die Erde um die Sonne kreist, als „ketzerisch. Die Akten zeigen jedoch, dass dieses Verbot nicht für alle Ewigkeit gelten soll und korrigiert werden darf. Galilei, der eigentlich Beschuldigte, wird mit keinem Wort erwähnt. Bei einer privaten Audienz warnt ihn Bellarmin, die Ansichten des Kopernikus öffentlich zu lehren. Doch weiter forschen darf Galilei. Mit diesem geschickten Vorgehen steht Bellarmin innerhalb der Inquisition einzig da. Unter Kardinal Bellarmin erhält die Inquisition ein menschliches Antlitz. Als er 1621 stirbt, halten Papst und Kardinäle Totenwache. Das Volk läuft auf die Straßen und zerreißt sich die Kleidung. Fachkundige erforschen den Leichnam nach Blutmalen, nach übernatürlichen Zeichen. Für sie ist Bellarmin ein Heiliger, doch seine Weisheit hat über den Tod hinaus keinen Bestand.

Unumstößlich bewiesen
In Rom lässt sich wenige Jahre später der eitle Papst Urban VIII. als Förderer der neuen Wissenschaften feiern. Der Papst will sich auch mit dem großen Galilei schmücken. Gleichsam als Freund, ermutigt er ihn, in einer Schrift die astronomischen Weltbilder zu vergleichen. Dafür, dass die Erde Mittelpunkt der Welt sei, liefert der Papst Galilei selbst die Argumente. Galilei verwendet sie wirklich, doch er legt sie in seinem „Dialog einem Idioten in den Mund. Die Lehre des Kopernikus verteidigt Galilei dagegen als unumstößlich bewiesen. Der Papst ist brüskiert - und Galilei wird vor das Inquisitionstribunal gezwungen. Man bezichtigt ihn, ein rückfälliger Ketzer zu sein. Sogar mit der Folter wird ihm gedroht. Galilei unterwirft sich, nicht nur aus Angst. Er ist ein tiefgläubiger Christ, der sich mit seiner Kirche nicht entzweien will.

Galilei wird zu lebenslanger Haft verurteilt. Er darf sie auf seinem Landsitz verbringen. Dort forscht er weiter - ohne seine Rehabilitation zu erleben. Jahrzehnte nach seinem Tod wird die Richtigkeit seiner Lehre unwiderlegbar bewiesen. Doch selbst da gesteht die Inquisition ihre Irrtümer nicht ein. Genies wie Galilei bringen die Wissenschaften rasend schnell voran. Europa bricht auf in die Moderne. Die Kirche jedoch verharrt im Stillstand und bleibt zurück.