Hängende Gärten der Semiramis

Hängende Gärten der Semiramis


 

Standort: Babylon (Irak)
Erbauer: wahrscheinlich König Nebukadnezar II.

Entdecker: Robert Koldewey (1899)
Baubeginn: unbekannt
Bauzeit: unbekannt
Terrassen: 7

Sie richtet auch auff in dieser Statt ein Schloß, das begriff in seinem circk 20 stadien, vund darinn ein wunderbarlicher grosser Garten, der stunde auff Steinen Seulen oder Mawren… Diß Werck ist gezehlt worden vunder die sieben Wunderwerk der Welt.




Am Ostufer des Euphrat, 90 km südlich von Bagdad, erhob sich einst die Stadt Babylon. Hier befanden sich die Hängenden Gärten.  

Die Hängenden Gärten bezeichnen die Dachgärten der sagenhaften Königin Semiramis von Assyrien. Es wird gesagt, dass König Nebukadnezar II. (604 – 562 v. Chr. die Gärten für seine Gemahlin, einer persische Prinzessin, hat bauen lassen, weil sie bewaldetet Berge liebte. Er wollte ihre Sehnsucht nach den Wäldern ihrer Heimat mildern.
Der phönizische Dichter Antipatros hatte von merkwürdigen Hängenden Gärten gehört. In einer Region, die von mörderischer Hitze und Kargheit geprägt  ist, wirkt schon eine überwucherte Ruine als Paradies. Die Hängenden Gärten – Wirklichkeit oder Phantasie? 

Antipatros muss in Babylon etwas gefunden haben, denn er vermerkt in seinen Reisenotizen eine exotische Grünanlage. Lag sie im Palast von Nebukadnezar? Der Herrscher soll sie seiner Gemahlin, einer Prinzessin aus Persien, geschenkt haben. Ob die Hängenden Gärten von Babylon vor mehr als zweieinhalbtausend Jahren wirklich existierten, darüber streiten die Forscher, weil zeitgenössische Quellen fehlen bzw. nur Beschreibungen aus antiken griechischen Quellen vorliegen (Strabo, Philon von Byzanz). Diese Geschichtsschreiber haben die Gärten aber nie mit eigenen Augen gesehen. Und der archäologische Befund ist nicht schlüssig.  

Zusätzliche Verwirrung stiftet der Name Semiramis. Nach ihr ist der Garten benannt. Ob Nebukadnezars Gattin, die das Paradies als Geschenk erhalten haben soll, wirklich Semiramis hieß ist nicht erwiesen. Den Historikern ist nur eine weitaus ältere assyrische Königin mit Namen Semiramis bekannt.  

Sicher ist nur, die Menschen im Zweistromland konnten schon dreihundert Jahre vor Nebukadnezar ihre Gärten künstlich bewässern. Das beweist ein assyrisches Relief, mit Aquädukt, blühenden Bäumen und einem Netz aus Kanälen. 

Die erste Spur nahm der deutsche Archäologe Robert Koldewey auf. 1899 begann er, in Babylon zu graben. Unter haushohem Schutt schieß er im Nordosten des Palastes auf einen einmaligen Gewölbebau. Nirgendwo sonst in der Stadt fand er eine vergleichbare Konstruktion. Unterteilt in 14 Kammern mit meterdicken Außenmauern und Decken. In einem der Räume war früher ein Schöpfwerk installiert. Koldewey hielt die massive Anlage für den Unterbau des künstlichen Gartens. 

Der Garten könnte etwa so ausgesehen haben:

Über dem Gewölbe befanden sich 7 Terrassen, jede 5 m über der darunter liegenden. Sie waren treppenförmig hochgezogen. Jede ein Garten für sich. Daher der Name „Hängende Gärten“. Bewässert wurde über die oberste Terrasse mit einer spiralförmigen Anlage. Doch die Transportschraube erfand erst Archimedes Jahrhunderte später. Wahrscheinlicher ist ein Brunnenhaus mit einer Aufzugsvorrichtung. Ein Paternoster transportierte die vollen Wasserbehältern nach oben. Sie entleerten sich am höchsten Punkt. Ähnliche Vorrichtungen nutzen die Bauern im Irak noch heute. Seit jeher ist das regenarme Land zwischen Euphrat und Tigris von seinen Flüssen abhängig. Schon vor Jahrtausenden haben die Einheimischen ausgeklügelte Bewässerungssysteme erfunden. 

Jede der 7 Terrassen war mit 5,45 x 1,35 m Steinbalken bedeckt. Auf den Balken kam je eine Lage aus mit Asphalt vermischtem Schilf, darüber eine doppelte Schicht gebrannter Ziegel, die Fugen wurden mit Gips vergossen.  Über der Ziegelschicht lag eine Bleischicht zur Isolierung des Unterbaus. Auf die Bleilage wurde eine 3 m hohe Erdschicht aufgebracht, der eigentliche Garten, worin aufgrund der enormen Höhe auch Bäume wachsen konnten. 

Bei den Hängenden Gärten handelte es sich für die damalige Zeit um die umfangreichste Pflanzensammlung der Welt. Der erste Botanische Garten. König Nebukadnezar hatte seine Soldaten beauftragt, von ihren Feldzügen alle unbekannten Pflanzen mit in den Palast zu bringen. Handelskarawanen  und Seeschiffe trugen ihren Teil dazu bei.  

Palastgärten waren für die damalige zeit zwar nicht außergewöhnliches, dennoch strahlten die Hängenden Gärten etwas Besonderes aus, was auch ihrer architektonischen Einzigartigkeit zu verdanken war. Jede Terrasse bildete einen Garten für sich, daher auch die Bezeichnung im Plural „Hängende Gärten. Das Bild eines einzigen Gartens wurde durch die Vielzahl von Kletterpflanzen erreicht, die sich von einer Ebene zur nächsten rankten. Ein einziger grüner Berg mit einer reichhaltigen Flora, die zu schweben und zu hängen schien. 

Vor allem im Sommer, wenn die Temperaturen auf 50 Grad Celsius stiegen, waren unablässig Sklaven damit beschäftigt, Wasser aus Brunnen zu fördern und in die vielen kleinen Kanäle zu pumpen, die von der obersten Terrasse die gesamte Anlage herunterflossen. 

Der Kontrast der sich bot zwischen der in sommerlicher Hitze glühenden Stadt Babylon und den blühenden Gärten der Semiramis war es wohl der den Hängenden Gärten einen Platz unter den Weltwundern verschaffte. 

Die Hängenden Gärten der Semiramis sind bis heute ein ungelöstes Rätsel. Außerdem sind sie das Weltwunder, das bis heute am wenigsten erforscht ist.

 

Nebukadnezar II. (605 - 563 v. Chr.)

 

 

Nabû-kudurri-ußur = Gott Nabû, schütze meinen ältesten Sohn!), König von Babylon 604-562, war der erste Sohn Nabopolassars (babylonisch: Nabû-apla-ußur = Gott Nabû, schütze den Sohn!), ebenfalls König von Babylon 625-605 und Begründer des spätbabylonischen Reiches.  

Nebukadnezar, dessen Namensgebung offenbar programmatisch an dem großen Vorfahren Nebukadnezar I. orientiert war, hatte einen jüngeren Bruder mit Namen Nabium-schumam!-lischir (Gott Nabû, der Name = Nachkommenschaft möge gedeihen!). Ein weiterer Bruder hieß Nabû-zera-uschabschi (der Gott Nabû hat Samen = Nachkommen entstehen lassen).  

Früh beteiligte der Vater seinen Sohn Nebukadnezar bei öffentlichen politischen Aufgaben. Beim Bau des Etemenanki, des Terrassenhoch-Tempels in Babylon, durfte Nebukadnezar mit den Bautrupps Lehm, Mischwein, Öl und Holzscheite tragen, während der Vater selbst mit gerafftem Königsgewand Ziegel und Lehm auf dem Kopf transportierte. Bei derselben Gelegenheit machte Nabopolassar den jüngeren Sohn Nabiumschumamlischir mit auferlegtem Erd-Korb aus Gold und Silber zum Tempel-Oblaten für den Gott des Tempels und der Stadt: für Marduk.  

Seit dem Frühjahr 607 zog der alternde und kränkelnde Nabopolassar seinen Ältesten mehr und mehr zu den Regierungsgeschäften heran, nachdem er schon vorher militärische Unternehmungen mit ihm gemeinsam durchgeführt hatte. 

Zwei Jahre später 605 übertrug er ihm den Oberbefehl über die gesamten Truppen und beauftragte ihn mit der Eroberung der Stadt Karkemisch am Euphrat. Dort hatten die Ägypter erfolgreich eine Garnison unterhalten. Diese Aufgabe erledigte er mit starkem Engagement und großer Härte. Die Flüchtenden verfolgte er bis Hamath und ließ sie niedermachen. Sein Sieg hatte zur Folge, dass fast ganz Syrien und Palästina vom Euphrat bis zur Grenze Ägyptens ihm widerstandslos in die Hände fielen. Wenige Wochen später erfuhr er, dass sein Vater am 15. August in Babylon verstorben war.  

Nebukadnezar ordnete die politischen Angelegenheiten, „bestimmte Näheres über die jüdischen, phönizischen, syrischen und ägyptischen Gefangenen, befahl einigen seiner Freunde mit den Schwerbewaffneten und dem Tross nach Babylonien zu marschieren, während er selbst mit nur kleinem Gefolge durch die Wüste nach Babylon aufbrach.“ Unter Eilmärschen traf er dort ein und wurde am 7. September 605 als neuer König anerkannt. Noch im Herbst dieses Jahres setzte Nebukadnezar seinen Syrienfeldzug fort, der bis zum folgenden Februar dauerte. Ohne auf ernstlichen Widerstand zu treffen, zog er umher und kehrte mit reicher Beute nach Babylon zurück. Wohl im selben Jahr wurde auch Eljakim, einer der Söhne des religiösen Reform-Königs Josia, den der ägyptische König Necho (II., nj kw, nekao = dem Erhabenheit eignet) 608 anstelle seines Bruders Jehoachaz unter dem neuen Namen Jehojakim zum König in Jeusalem eingesetzt hatte, nun Nebukadnezar untertan. Nebukadnezar belagerte und plünderte auf dem Feldzug im Jahr 604 die Philisterstadt Askalon, die zum Brückenkopf für Ägypten hätte werden können. Ein in Ägypten gefundener aramäischer Brief bat vergeblich den Pharao um Hilfe vor den Babyloniern. Im Kampf um Askalon wahrscheinlich zeichnete sich ein Grieche mit Namen Antimenidas, ein Bruder des Dichters Alkaios von Mytilene auf Lesbos, als Fremdenlegionär aus, indem er eine kritische Situation durch die Tötung eines ägyptischen riesenwüchsigen (ca. 2,45 m) königlichen Kämpfers rettete.  

Zwei Jahre später fiel Jehojakim wieder von Nebukadnezar ab und geriet unter den Druck babylonischer, aramäischer, moabitischer und ammonitischer Streifscharen.  

601 holte Nebukadnezar zum erneuten Schlag gegen Ägypten aus. Nach schweren Verlusten auf beiden Seiten jedoch zog sich Nebukadnezar zurück. Zwei Jahre benötigte er, um sein Heer wieder auf den alten Stand zu bringen. Dies galt insbesondere für die Streitwagentruppe und die Reiterei.  

Ende 599 erneuerte er seine Syrienfeldzüge. Er sandte Truppen-Abteilungen gegen die Beduinen aus, die sich den Ägyptern untergeordnet hatten. Zugleich vernichtete er das Königtum von Hazor. Nach den Chronikbüchern wäre Johojakim im Frühjahr 597 von Nebukadnezar zur Rechenschaft gezogen worden und, unter Mitnahme von Tempelgräten zugunsten des Marduk-Tempels, in Fesseln nach Babylon deportiert worden, wo er im Gegensatz zum Bericht der Königsbücher dann erst gestorben sei. Josephus redet von seiner Tötung samt den besten jungen Männern direkt in Jerusalem. In diesem Zusammenhang sind auch die Angaben des Danielbuches über die deportierten jüdischen Jugendlichen zu sehen. Allerdings trifft die Jahreszahl vom 3. Jahr Jehojakims chronologisch gegenüber den Chronik- und Königsbüchern nicht zu und wird auf eine Zahlenentstellung (Quadratschrift: j >>g = 3 statt 11, Datierungkriterium!) zurückgehen, soweit ursprünglich zutreffende Informationen zugrunde lagen und nicht die 3 Jahre von 2 Kön 24,1 dahinter stehen. Josephus zählt Daniel sogar zu den Deportierten aus der Zeit Zedekias. Nach dem Danielbuch gehörten weiterhin zu den Deportierten Mitglieder aus der eigenen Familie Jehojakims und aus Familien der Vornehmen, mit Kindern, darunter Daniel und seine drei Gefährten. Von diesen ist tatsächlich inzwischen einer mit dem ihm gewohnheitsgemäß neu gegebenen babylonischen Namen, der wie die anderen im Danielbuch tradierten neuen Namen seiner Gefährten entgegen früheren Annahmen sprachlich zutrifft, in einer babylonischen Quelle nachzuweisen. Nicht zuletzt dadurch erhalten die in der Regel kritisch beurteilten historischen Angaben des Danielbuches mehr Gewicht. Auch die ausführenden Aktivitäten des »Oberkochs Ari(w)ukku« (hurritischer Name, biblisch: Arjoch entsprechen historischem Realismus, ebenso die des »Kochs« (persisch:: aschpaz = Suppenkoch, vgl. noch modernes asch = Suppe, paz Präsensstamm zu pochtan = kochen, biblisch: aschpenaz, mit masoretisch hilfsweise vokalisierter, Nasalierung wie bei Aschkenaz; Datierungskriterium!), der zugleich auch Ober-Leibgardist war. Nach seinem Eigennamen Abicezri (mein Vater = Gott ist meine Hilfe, sofern nicht nur entstelltes aschpenaz, ist er selbst Westsemit oder gar Jude. Jehojakims Sohn und Nachfolger Jehojachin, zeigte sich gleich nach seinem Regierungsantritt Nebukadnezar trotz der Prophetie Jeremias nicht unterwürfig. Kaum 3 Monate danach ließ ihn Nebukadnezar in Jerusalem belagern, und zwang die Stadt am 16. März 597 zur Übergabe. 3.023 jüdische Zivilisten, darunter der König Jehojachin mit seiner Mutter Nehuschta, der Tochter Elnatans, ferner seine Frauen sowie seine Leibgardisten und höhergestellte Persönlichkeiten des Landes, zusätzlich das Militär: 7.000 Mann, einschließlich 1.000 Schmiede und Schlosser, alles kriegstüchtige Männer, insgesamt rund 10.000 Menschen gingen in die Gefangenschaft. Zu diesen Gefangenen zählte auch der Prophet und Priestersohn Ezechiel, der in die Nähe vom Til-Abubi ( = Flut-Trümmerhügel; dort gab es auch eine Stadt) an den Kabar-Kanal (Kanal von Sippar über Babylon nach Uruk) verschlagen wurde. Nach dem Esther-Buch gehörten zu den Verschleppten auch die Vorfahren Esthers und ihres Pflege-Vaters Mordechai (Esth 2,6 f.), die nach Susa gelangten. Die rabbinische Literatur weiß wohl mehr spekulativ zu berichten, dass Nebukadnezar Jehojachin während seiner langen Gefängniszeit (bis 561) mit einer neuen Frau ausstattete. In babylonischen Versorgungslisten ist auch er mit 5 Söhnen und weiteren 8 Juden aufgeführt. Den Thron in Jerusalem erhielt ein Günstling Nebukadnezars: Mattanja, der Sohn der Hamutal, der Tochter des Jeremia aus Libna, des Schwiegervaters des Königs Josia. Seinen Günstling nannte Nebukadnezar in Zedekia um und ließ ihn einen Gottes-Eid zur Treuewahrung schwören. Sicherheitshalber nahm er auch die Mächtigen des Landes mit. Offenbar hat dennoch Zedekia sofort versucht, eine antibabylonische Koalition mit Edomitern, Moabitern, Ammonitern, Tyros und Sidon zustande zu bringen.  

Im Jahr 596 drangen die Babylonier allerdings nicht über Karkemisch hinaus. Am Tigris mussten sie sich wahrscheinlich den Elamern stellen. Aber die Auseinandersetzung scheint harmloser gewesen zu sein. Vom Dezember 595 bis Januar 594 war ein umfangreicher Putsch, an dem wohl auch zwei seiner Söhne mitbeteiligt waren, in Babylon zu überwinden. Die Schuldigen wurden streng bestraft, ihr Eigentum konfisziert und die Revolte mit aller Härte niedergeschlagen. Ende des Jahres erhob Nebukadnezar wieder den Tribut seiner Vasallen in Syrien. Jährlich wiederholten sich diese immer gleichen „Besuche“ im Lande.  

Ab 594 versiegen bisher die babylonischen chronologischen Quellen für 27 Jahre. Über diese Zwischenzeit stehen nur die biblischen und spätere Sekundär- Texte als Quellen zur Verfügung.  

Nachdem Nebukadnezar seit dem 15. Januar 588  Zedekia in Jerusalem belagerte, weil auch dieser zugunsten Ägyptens trotz Gotteseides ihm die Treue gebrochen hatte, entschloss sich der Pharao Apries (Wahibrec = ausdauernd ist das Herz des Gottes Rec, biblisch: Hophra, evtl.: Hacacibrec = es freut sich das Herz des Gottes) zu einem Entsatz-Angriff auf die Babylonier, um seinem Bündnisversprechen gegenüber Zedekia nachzukommen. Die Flotte des Apries lief auf die Städte Sidon und Tyros aus. Er selbst machte sich auf den Landweg. Apries nahm Gaza ein, blieb jedoch sonst erfolglos. Seine Flotte dagegen war siegreich. Als Ergebnis wandte sich nun auch Tyros gegen Nebukadnezar. Nebukadnezar aber trieb die Ägypter zurück und belagerte Tyros 13 Jahre 585-572. Bereits am 18. Juli 586 hatte der babylonische Feldherr Nergalscharußur ( = Gott Nergal, schütze den König!) das ausgehungerte Jerusalem eingenommen. An seiner Seite betrat sein ranghöherer Namensvetter, Oblate des Gottes Nabû, Oberkämmerer und Leibgardist, mit den restlichen Obristen die Stadt. Der nächtens geflohene Zedekia und seine Begleiter wurden bei Jericho gestellt und vor Nebukadnezar nach Ribla am Orontes gebrracht. Nebukadnezar sprach Recht über ihn, ließ Zedekias Söhne vor dessen Augen töten und ihn dann selbst blenden. In diesem Zustand und in Ketten gefesselt, schaffte man ihn nach Babylon. Knapp einen Monat später, am 17. August, kam Nabû-zera-idinna ( = der Gott Nabû gab mir Samen = Nachkommen; biblisch: Nebusaradan), der „Oberkoch“, nach Jerusalem und verbrannte nach der Plünderung mit seinen Soldaten den Tempel, das Königsschloss, die Bürgerhäuser sowie alle sonstigen größeren Gebäude und riss die Stadtmauern nieder. Den Hohenpriester Seraja, seinen Stellvertreter Zephanja, drei Tempel-Türschwellenhüter, den Leibgardisten und Militärbefehlshaber, fünf der persönlichen Beamten des Königs, den Truppenausheber und Heerführer des Landvolks sowie 60 Mann Landvolk, insgesamt 67 Personen, die sich noch in der Stadt befanden, brachte er ebenso nach Ribla, wo sie Nebukadnezar gleichfalls umbringen ließ. Weitere 832 Menschen führte der „Oberkoch“ in die Verbannung nach Babylonien. Besitzlosen Armen dagegen gab er Weingärten und Ländereien. Nach Josephus sorgte Nebukadnezar, „in Babylon angekommen, als erstes für die Ansiedlung der Deportierten und nahm dann dem Hohenpriester seine Fesseln ab. Zedekia aber ließ er nach dessen Tode mit großer Pracht bestatten.“ Über die in ihrem Heimatland verbliebenen Juden setzte der Oberkoch den Gedalja, einen Sohn Ahikams, des Sohnes Schaphans, der vor dem Aufstand gegen Nebukadnezar gewarnt hatte, ein. Er residierte in Mißpa. Aber dieser und die bei ihm stationierten Babylonier sowie dort lebende und sich gerade aufhaltende Juden wurden im Oktober 586 von dem Juden Jischmael, dem Sohn des Netanja, des Sohnes Elischamacs, einem Abkömmling der Königs- und einer Magnatenfamilie, im Auftrag des Ammoniterkönigs Bacalis ermordet. Jischmael führte die restliche Bevölkerung, darunter die Königstöchter, gefangen, um zu den Ammonitern überzuwechseln. Ihm trat jedoch Johanan, der Sohn Kareachs, mit seinen Truppen am großen Wasser bei Gibeon entgegen. Jischmaels Gefangene wandten sich erfreut Johanan zu, während Jischmael selbst mit 8 Begleitern zu den Ammonitern flüchtete. Johanan und seine Leute jedoch flohen ihrerseits, gegen den Rat Jeremias, aus Furcht vor der Strafe Nebukadnezars nach Ägypten. Den Propheten Jeremia nahmen sie mit nach Tahpanhes (t hwt p nhsj = das Haus des Nubiers = Königs, = tahpenes = t hwt p njswt = das Haus des Königs.  

Um den 28. Mai 585 hielt sich Nebukadnezar in Kleinasien zur Friedensvermittlung zwischen Medern und Lydern auf. Im Jahr 581 kam die von den jüdischen Ägypten-Flüchtlingen gefürchtete babylonische Strafexpedition. Josephus weiß zu berichten, dass Nebukadnezar zunächst Ammon und Moab angriff. Der arabische Historiker Tabari (839-923 n.Chr.) gibt noch als Grund an, dass Nebukadnezar die Flüchtlinge habe friedlich wieder ergreifen wollen und dies ihn zu der Invasion Ägyptens veranlasst habe. Nach Ägypten geflüchtete Juden wurden zwar von den Ägyptern umgebracht, offenbar um den Kriegsgrund auszuräumen, aber das erbrachte nicht die Zufriedenheit Nebukadnezars. Nach Josephus hat er den damals herrschenden König getötet und einen anderen eingesetzt. Weil Josephus keine Namen nennt, lässt sich seine Angabe schwer verifizieren. Wenn er recht hätte, müsste es ein kurzfristig aufgetretener, bisher unbekannter Gegenkönig des Apries (589-570) gewesen und dieser selbst wieder eingesetzt worden sein. Diesmal im 23. Regierungsjahr Nebukadnezars waren es 745 Juden, die vom „Oberkoch“ Nabuzeridinna deportiert wurden. 

.Noch einmal setzte Nebukadnezar 568 zum Schlag gegen Ägypten an. Dabei hatte er die Unterstützung durch einen Widersacher des ägyptischen Usurpators Amasis (Icahmose = der Mond hat geboren; 570-526), wenn nicht Apries selbst, so möglicherweise der Sohn des gestürzten und wenigstens nach Herodot vom Pöbel ermordeten Königs Apries. Er rüstete eine starke Flotte, die aus Schiffen von Mittelmeer-Anrainern und -Inselbewohnern bestand. Sie drang 567 ins Nildelta wohl ein, wurde aber von einem schweren Unwetter böse zugerichtet und kenterte zum Teil, so dass sie dem anschließenden Angriff der Ägypter nicht widerstehen konnte. Der Gegner des Amasis fiel im Kampf. Auch dem Landheer Nebukadnezars blieb der durchschlagende Erfolg gegen das Heer der Ägypter mit ihren eilig herbeigeholten libyschen, äthiopischen und griechischen Hilfstruppen verwehrt. Die Ägypter warfen das babylonische Heer zurück. Nach der „See“-Schlacht, der Amasis auf seinem Schiff beigewohnt hatte, verweigerte er dennoch seinem gefallenen, im Wasser treibenden Gegner ein ehrenvolles Begräbnis nicht. Auch dieser wohl letzte Ägypten-Feldzug Nebukadnezars verfehlte sein Ziel. 
 

NEBUKADNEZAR II.  post mortem
Nach seinem Tode 562 übernahm sein Sohn Awilmarduk (Mensch = Diener des Gottes Marduk; biblisch: Ewilmerodach) für kaum zwei Jahre die Macht. Er entließ sofort Jehojachin, der immer noch im Gefängnis verblieben war, und gab ihm den ersten Sitz unter den Königen, die mit ihm in Babel waren. Darüber hinaus schenkte er ihm neue Kleidung, gewährte ihm einen Platz an seiner Tafel und setzte für ihn eine Apanage aus.  

Die jährlichen Feldzüge und Tribute brachten Nebukadnezar so viel Reichtum, dass er zu umfangreichen Bautätigkeiten vor allem in Babylon schreiten konnte. Außer der Hauptstadt Babylon sind es noch 11 weitere Städte, in denen er ausweislich der bisher gefundenen Inschriften Tempel, Straßen und Mauern baute. In Babylon selbst errichtete bzw. erneuerte er prunkvoll 15 Tempel, drei Paläste, drei Hauptstraßen, den Euphrat-Kanal und seine Brücke, die Stadtmauern sowie deren Tore (u.a. das Ischtar-Tor) und große Befestigungsanlagen im Umfeld Babylons. Dazu zählt auch die so genannte „Medische Mauer“ zwischen Euphrat und Tigris nördlich von Sippar, die unlängst archäologisch wieder entdeckt worden ist. Er vollendete Etemenanki ( = Grundstein von Himmel und Erde), den schon erwähnten großen Terrassenhoch-Tempel Babylons. Von einem solchen Tempel handelt die biblische Turmbau-Geschichte, die diesen Bau ohne Statik-Kenntnisse in die Zeit der Erstbesiedelung und Gründung Babylons sowie der Backstein-Erfindung, somit wahrscheinlich ins 3. Jahrtausend v. Chr. datiert.  

Zu den Bauwerken, die seinerzeit weltweit Aufsehen erregten, gehörten auch die „Hängenden Gärten“, künstlich angelegte, baumbewachsene Backstein-Hochterrassen. Sie sind allerdings in Nebukadnezars Inschriften bisher nicht belegt.  

Die Rekordzeit von 15 Tagen für den Bau des neuen Königspalastes neben dem alten seines Vaters wird von dem Historiker Berossos (Belraschi = [Gottes-]Herren(Marduk)-Gewinner = Gottesgünstling rühmend erwähnt. Die ganze Stadt begrünte er, und vor allem das Arachtu-Ufer, d.h. die Ränder des kanalisierten Euphrat, bepflanzte er mit enggesetzten Zedern und die übrigen Kanal-Ufer sowie die Stadt mit Euphrat-Pappeln. Die Qualität der an Straßenmauern, Toren und in Palästen vorgefundenen Kunstwerke lässt sich mit denen der Assyrerkönige nicht vergleichen.  

Die Königspalast-Innenwände u.a. waren nur in Weiß gehalten. Für seine Bautätigkeit betrieb Nebukadnezar Zedern-Raubbau im Libanon und legte Transportwege im Gebirge an. Dort hinterließ er auch zwei große Felsinschriften (Nahr el Kelb, Wadi Brisa). Das literarische Schaffen erschöpfte sich im Wesentlichen an Reproduktion  

Einen Eindruck von der Befindlichkeit jüdischer Deportierter in Babylon vermittelt Psalm 137. Am Nebenkanal-System mit den von Nebukadnezar gepflanzten Euphrat-Pappeln sitzen sie inmitten Babylons und haben ihre Leiern an den Bäumen aufgehängt. In der protzigen Weltstadt und ihrer typischen Wohlstandsdekadenz dürfen sie sich verhältnismäßig frei bewegen. Ihre babylonischen Deportierer äußerten aufgrund ihres Polytheismus sogar Interesse am jüdischen Tempelgesang, darin unterstützt von traurigen Deportierten, denen Heimweh nach dem im Vergleich zu Babylon provinziellen Jerusalem immer wieder Tränen in die Augen trieb. Aber strenge Frömmigkeit verbietet den Musikanten solchen Gesang zur falschen Zeit am falschen Ort als Blasphemie. Die Gedanken schlagen vielmehr um in den Treueschwur gegenüber Jerusalem und in Glücksgefühls-Hoffnung über Unrechtsheimzahlung. 

Das Bild Nebukadnezars in der Nachwelt war mit dem Schwinden der Originalquellen bald nur noch geprägt durch die Erzählung des Danielbuches über den Wahnsinn Nebukadnezars und den Bericht von der Eroberung Jerusalems. Insbesondere die grausame Exekution Zedekias und die Tötung seiner Söhne vor seinen Augen, damit dies die letzte optische Wahrnehmung nach seiner Erblindung bis zum Tode blieb, vermitteln das Bild sadistischer Grausamkeit. Doch unterscheidet sich Nebukadnezar in der bewusstseinsgespaltenen Behandlung von Gegnern und Freunden nicht weniger als es heute, wenn auch unkriegerisch, im sozialen Bereich noch üblich ist.  

Auch die mafiose militärische Erpressung und die Unterwerfung des Schwächeren durch den Stärkeren mit Gewaltdrohung und bei Weigerung unter durchtriebener Gewaltanwendung, um an seinen Erwerb zu kommen, gehört, mehr oder weniger gesellschaftlich sublimiert, noch immer zur täglichen Wirklichkeit.  

Die Härte Nebukadnezars gegen Zededia unterscheidet sich von dem Verhalten gegen dessen Vorgänger aus dem speziellen Grunde, dass er Zedekia nach den schlechten Erfahrungen mit den Vorgängern einen Gotteseid abverlangt hatte. Der Bruch dieses Eides wurde in einer Gerichtsverhandlung, in der auch Zedekia zu Wort kam, zweifelsfrei gemacht. Erst danach erfolgte die Exekution, wie sie in den Gotteseiden vorgesehen war und mit Zusammenpressen der Kehle von der eigenen rechten Hand durch den Vertragspartner bei Vertragsschluss angesichts des zerstückelten Opfertieres selbst sympathetisch vorgesprochen werden musste. Somit konnte sich Nebukadnezar als Vollstrecker einer Gottesstrafe sehen. In der Brutalität seiner Frömmigkeit unterscheidet er sich nicht von der Psalmen-Frömmigkeit, die die Freude am Untergang der „Bösen“ selbst sehr gut kennt (vgl. etwa Ps 137: Kinder-Zerschmetterung). Auf der anderen Seite wusste Josephus  zu berichten, dass Nebukadnezar Zedekia, ähnlich wie es Amasis mit seinem Gegner tat, nach seinem Tode mit großer Pracht bestatten ließ. In der rabbinischen Literatur war, in der Tendenz sicher richtig, die Beschaffung einer Frau für den gefangenen Jehojachin geltend gemacht. Die Gebete am Schluss der Inschriften Nebukadnezars stehen, abgesehen vom Polytheismus, den biblischen Psalmen im positiven Sinne nichts nach. Die Bitte um gottgefällige Worte z.B. ist nicht Kennzeichen oberflächlicher Religiosität. Von praktizierter Frömmigkeit gibt ein Brief Nebukadnezars Zeugnis, in dem er ausdrücklich bittet, dass alle Vorkehrungen getroffen sein mögen, wenn er erscheine, um sein Gebet zu den Göttern anlässlich der Grundsteinlegung des Tempels Eanna in Uruk zu verrichten. Auch als Psalmendichter hat sich Nebukadnezar selbst betätigt. Von ihm ist ein dekadischer Akrostichos, der die metrische Struktur des Psalms durch Querstriche anzeigt und deshalb für die Fragen der Metrik besonders wichtig ist, auf den Gottesnamen Nabû erhalten. Den Grund für diese Hilfs-Kennzeichnung wird man wohl in der fehlenden Dichter-Routine sehen können. Nicht nur religiös war Nebukadnezar bescheiden, sondern auch als Herrscher. Bei dem Bau der Zedern-Transportwege im Libanon legte er mit Hand an, wie es sein Vater Nabopolassar ihm vorgelebt hatte. Er trug zwar nicht, wie die übrigen Mannschaften, den großen Erdkorb, sondern nur die weniger strapaziöse Transportkiste. Nach Josephus  war Nebukadnezar mit einer Mederin verheiratet, Euseb zufolge und in griechischer Namenslautung mit dem Namen Amytis (persisch: Amud = die Füllige = Schöne. Allerdings liegt bei dem Namen wohl eine Verwechselung mit der medischen Frau des Kyros vor. Herodot weist Nebukadnezar, da nicht zuletzt die genannten Bautätigkeiten zu dessen Zeit stattfanden, sogar eine Ägypterin mit Namen Nitokris (Nit-iqrt = die Göttin Neith ist erfolgreich) zu. Ebenso in diesem Fall liegt eine Verwechselung vor, da Nitokris auch die Mutter des letzten babylonischen Königs Nabonid gewesen sein soll, deren Name Adadguppi (wohl assyrisch-aramäische Mischbildung: Adad ist mein Arm = Kraft) inzwischen jedoch bekannt ist. Adadguppi aber war die Frau eines babylonischen Magnaten mit Namen Nabubalassuiqbi (der Gott Nabû befahl sein Leben), aus deren Ehe Nabunaid hervorging. Das Danielbuch hat die genealogische Verknüpfung wie bei Herodot gewahrt, indem Nebukadnezar Vater des Korregenten und ebenso „letzten babylonischen Königs“ Belscharußur (Gott Bel = Herr = Marduk, schütze den König! Biblisch: Belschazzar) ist. Josephus liefert schließlich die noch fehlende Gleichsetzung von Belscharußur, dem Sohn Nabunaids, mit Nabunaid selbst. Keilschriftlich ist der Name einer Frau Nebukadnezars noch nicht ermittelt. Auch könnten trotz allem eine Mederin und eine Ägypterin seine Frauen gewesen sein. 8 Kinder Nebukadnezars sind jedoch bekannt:
1. der bereits erwähnte Awilmarduk, sein Nachfolger;
2. Kaschschâ (Kosename, hypokoristisch zu kaschschaptu = Zauberin), eine Tochter, die Nergalscharußur heiratete, den späteren Usurpator, der Awilmarduk ermordete und die Regierung an sich riss;
3. Eannascharußur (Tempelgott Eanna, schütze den König!);
4. Mardukschumußur (Marduk, schütze den Namen = Nachkommenschaft!);
5. Marduknadinachi (Marduk gibt einen Bruder);
6. Muschezib-Marduk (Marduk ist Retter);
7. Marduknadinschumi (Marduk gibt Namen = Nachkommenschaft) und
8. Nabunaid (der Gott Nabû sei gepriesen!), den Herodot möglicherweise als Vermittler im Krieg zwischen Lydern und Medern bei der Mondfinsternis von 585 neben dem Syennesis aus Kilikien nennt, sofern er nicht darunter Nebukadnezar versteht, den er wie den letzten babylonischen König Nabunaid Labynetos nennt. Die durch den syntaktischen Parallelismus der Genannten im Kontext erwartbare dynastische Positionsgleichheit von dem kilikischen Syennesis und Labynetos spricht eher für den König Nebukadnezar selbst, zumal Nebukadnezar sonst überhaupt nicht bei Herodot auftritt. Ursache für die falsche Namensgleichheit ist derselbe Namensbeginn: Nabu, der aber auch in der Namenskürzung innerhalb babylonischer Chroniken einen ihrer denkbaren Auslöser findet.  

Das Gleiche ist auch Berossos (bei Josephus) unterlaufen, bei dem Nabopolassar und Nebukadnezar denselben Namen tragen: Nabuchodonosor = Nebukadnezar. Den Wahnsinn Nebukadnezars und seine 7-jährige Abwesenheit von Babylon, wie das Danielbuch (Kap.4) schildert, erlauben die außerbiblischen Quellen bisher nicht zu verifizieren. Zwar gibt es inzwischen einen fragmentarischen babylonischen Text, der Nebukadnezar als sehr sensiblen und selbstzweiflerischen Menschen darstellt, aber die im Danielbuches geschilderten Umstände entsprechen eher der Situation seines vierten Nachfolgers Nabonid, von dem eine allerdings 10-jährige Babylon-Abwesenheit bekannt ist.  

Das in Qumran gefundene Textfragment mit dem Gebet Nabonids nimmt darauf Bezug. Es erwähnt auch eine schwere Krankheit dieses Königs an seinem Aufenthaltsort in Teman. Seinen Nachhall hat Nebukadnezar historisch zunächst in den geschichtlichen und prophetischen Büchern der Bibel gefunden. Bei Jeremia und Ezechiel ist auch die noch nicht hebräisierte Namensform Nbwkrßwr bzw. Nbwkdrßr erhalten im Gegensatz zur Septuaginta-Tradition, die nur die hebräisierte Form kennt.  

Die ganze Wortentwicklungs-Geschichte ist jedoch im hebräischen Bibeltext dokumentiert: Nbwkdrßwr Nbwkdrßr Nbwkdnßwr, Nbwkdnßr, Nbkdnßr. Die Septuaginta-Tradition und die außerbiblischen bzw. nachbiblischen Quellen lassen sich dieser Folge chronologisch zuordnen. Aufgrund der nicht auf solche Beobachtungen Rücksicht nehmenden und somit unhistorischen Betrachtungsweise scheitern in der theologischen Wissenschaft entwickelte Quellen-Theorien. Sogar babylonische Propaganda, bekannt aus der Felsinschrift von Wadi Brisa, wird durch den Propheten Jeremia persifliert.  

Im Prophetenbuch Jesajas (14,8) ist auf den Zedern-Raubbau Bezug genommen: Die Zedern des Libanon würden sich freuen, wenn der König von Babel daniederliege, weil niemand heraufziehe, um sie zu fällen. Auch der Völkerberg (Jes 2 // Micha 4) hat sein babylonisches Gegenstück in Nebukadnezars Inschriften. 

Das Danielbuch (4,27) kritisiert die selbstüberhebliche Einschätzung der Bautätigkeit Nebukadnezars in Babylon, wie sie die gefundenen Inschriften selbst noch heute ausweisen.  Zwei nur wenige Monate regierenden Usurpatoren: Nebukadnezar III. und IV. diente im Jahr 522 bzw. 521 der historisch berühmte Name zur Aufwertung ihrer Herrscheransprüche.  

Das Judith-Buch schildert einen Krieg „Nebukadnezars“ im 12. Regierungsjahr gegen den Mederkönig Arphaxad (biblisch: Arphakhschad; vgl. den noch „persischen“ Propheten-Namen: Arfachschad, zu erklären wohl als semitisch-„persische“ Elativ-Mischbildung: er ist sehr mollig = schön geworden, ursprünglich bei konkreter Kindesgeburt gesprochener Name; vgl. den biblischen Namen Räp(h)a(c)h; zum orthographischen Wechsel von (c)h und k(h) vgl. die keilschriftlichen Wiedergaben von Artaxerxes). Arphaxads Residenz war nach dem Judith-Buch Ekbatana.  

Die Bezeichnung Nebukadnezars im Judith-Buch als Assyrer ist zunächst nicht völlig falsch, da sogar schon biblisch und in der Folgezeit Babylonien als Assyrien bezeichnet wurde (Esr 6,22; vgl. auch Herodot; heute noch werden die Nestorianer der Osttürkei, Iraks und Irans als Assyrer bezeichnet). Vielmehr ergibt sich aus dieser Bezeichnung ein erster Datierungshinweis. Ebenso wäre die Residenz Ninive nicht ausgeschlossen. Aber die Ereignisse sollen nach der Rückkehr aus dem babylonischen Exil und nach der Zerstörung sowie dem Wiederaufbau des Tempels geschehen sein.  

Schließlich wird der Hohepriester Jojakim genannt, der zu den Rückkehrer-Kindern der ersten nachexilischen Priester zählte. Daraus ergibt sich, soweit man die Angaben konkret nehmen darf, dass die beanspruchte Zeit nach Esr 6,15 die Regierungszeit des persischen Königs Darius I. bzw. nach Josephus Xerxes I. wäre. Mit anderen Worten: der Name Nebukadnezars findet sich in sekundärem Gebrauch. Dasselbe würde dann auch für die Namen Ninive, Arjoch und Arphaxad etc. gelten. 

Ähnlich ist die Situation in der rabbinischen Literatur. Nebukadnezar gilt meist als der „Böse“ und trägt die Züge der römischen Eroberer (Titus, Vespasian etc.). Andererseits sagt man ihm Mitleid mit den Juden unter Jehojachin nach, den er in seiner Gefangenschaft mit einer Frau versah.  

Die rabbinischen Tradenten sehen darin eine Einwirkung ihres Gottes. Nebukadnezar war nach der rabbinischen Tradition ein Angehöriger der Armee des Assyrerkönigs Sanherib (704-681!), der bei dem Untergang durch die engelsbewirkte Pest (Jes 37,36) übrig geblieben war und seit dieser Zeit JHWH fürchtete. Sodann ist er auch Schreiber des Königs von Babylon, Merodach Baladan (II., 721-702!), gewesen, der den König korrigierte, als er erst den Namen des jüdischen Königs Hiskia und danach den Namen JHWHs schreiben wollte. Dafür wurde Nebukadnezar mit der Herrschaft über die ganze Welt, einschließlich der Tiere, belohnt und durfte den Thron Salomos (Jer 52,12) einnehmen.  

In islamischer Zeit ist die Erinnerung an die erste Zerstörung Jerusalems noch wach. Der Koran selbst (Sure 17,4-7) kennt ebenso die erste Zerstörung des Tempels von Jerusalem. In den islamischen Legenden hat Nebukadnezar den arabisch eingefärbten Namen Buchtanaßar. Er ist dort Strafwerkzeug Allahs, mit dem er Israel züchtigte. Die Legenden erzählen u.a. von einem Juden, der träumte, dass ein armer, vaterloser Junge den Tempel zerstören und Israel vernichten würde. Darum machte sich der Jude auf, den Jungen zu finden. Er reiste bis nach Babylonien und fand dort, nachdem er schon alle Hoffnung aufgegeben hatte, den Gesuchten mit Hilfe von Babyloniern. Der Jude gab ihm Geld und Nahrung mehrere Tag lang. Als er wieder seinen Abschied nehmen musste, war der Junge betrübt, weil er die Freundlichkeit des Juden nicht vergelten konnte. Der sagte ihm jedoch, dass sein Dank in einem schriftlichen Versprechen bestehen könnte, ihn und die Seinen zu schonen, wenn er den Königsthron besteigen werde. Der Junge hielt dies für einen schlechten Scherz. Aber auf Betreiben seiner Mutter gab er das gewünschte Versprechen. Auch ein Zeichen, um den Juden selbst in einer Menschenmenge zu erkennen, verabredete man. Tatsächlich wurde der junge Babylonier König und zerstörte den Jerusalemer Tempel als Strafe für den Mord an Johannes dem Täufer! Aber der jüdische Wohltäter des Königs war nicht am Ort, so dass niemand durch das schriftliche Versprechen geschützt werden konnte. In einigen Versionen ist die Geschichte vom Tod Johannes des Täufers als Jahja ibn Zakarijja eingefügt. Ein schwacher Anklang an jüdische Tradition könnte in der Erzählung von dem Gespräch zwischen Jochanan ben Zakkaj und Vespasian gesehen werden, als Jochanan Vespasian voraussagte, dass er König werden und Jerusalem zerstören würde.  

Zwei der ersten zahlreichen europäischen literarischen Verarbeitungen des biblischen Stoffes über Nebukadnezar sind ein englisches Schauspiel mit dem Titel: Nebuchadnezzars Fierie Furnace (wieder herausgeben von M.Roesler 1936) und ein italienisches Mysterien-Spiel in Versen: La Rapresentatione di Nabucodonosor, Re di Babillonia (um 1530, Florenz 1582).  

Ein zweites englisches Schauspiel kam 1596 in London auf die Bühne. Der französische Dramatiker R.Garnier gab 1583: Sédécie, ou les Juives, heraus, worin es um das Schicksal Zedekias und seines Königshauses geht. 

Aus dem Jahr 1684 stammt des Deutschen Ch.Weises Nebukadnezar.  

1728 wurde in Hamburg das Singspiel Ch.F.Hunolds: Der gestürzte und wieder erhöhte Nebucadnezar, König zu Babylon, unter dem großen Propheten Daniel, aufgeführt.  

Auch ein russischer Schriftsteller, N.I.Nowikow, veröffentlichte die: Komedija Nawukhodonosor (1791; in: Drewnjaja Rossijskaja Biblioteka, Moskau 1788-1791).  

Zu den Werken des 19. Jh.s zählen eine fünfaktige Tragödie des Italieners G.B.Niccolini in Versen: Nabuco in Gerusalemme (1829).  

Die Franzosen A.Anciet-Bourgeois und F.Cornu schrieben gemeinsam den Text für den Vierakter: Nebuchodonoser (1836), der in Paris aufgeführt wurde.  

Das tragische Schicksal Jehojachins inspirierte L.Philippson zu seinen Dramen: Jojachin (1858) und: Die Entthronten (1868).  

Für das 20. Jh. bliebe H.Welten und seine Novelle: Nebukadnezar, der König der Könige (1924), zu nennen.  

Zu erwähnen wäre auch die Komödie von F.Dürrenmatt, Ein Engel kommt nach Babylon (1954), der allerdings nur noch den König Nebukadnezar als Figur aufgreift. 

In der darstellenden abendländischen Kunst sind vor allem in Bibeln ganze Illustrations-Zyklen zum Prophetenbuch Daniel zu finden, so in den spanischen Bibeln von Roda und Ripoll um 1000, den Beatus-Apokalypsen, 10.- 12. Jh., und der Holzschnittfolge Historia Danielis, Bamberg 1462.  

Besonders auch die Träume Nebukadnezars waren Gegenstand künstlerischer Einzeldarstellungen, so der Traum von der metallenen Statue mit tönernen Füßen (Dan 2,1-35). Er wird im illustrierten Kommentar zu Hohelied, Sprüchen und Daniel, Reichenau Ende des 10. Jh.s, allegorisch auf Christus, den König auf dem Felsen, gedeutet. Der Kirchenvater Hieronymus hatte die allegorische Deutung des Steins von den Bergen, der ohne menschliches Zutun die Statue zerschmettert, als den nicht durch Menschenwillen gezeugten Christus beigesteuert. Der Traum ist darum in mittelalterlichen Manuskripten entsprechend dargestellt, ebenso in den illustrierten Lutherbibeln. Aber er findet sich bereits in den Bildwerken der gothischen Kathedrale von Amiens und im Marien-Portal der Kathedrale von Laon, 12. Jh. Jedoch auch die Interpretation als Sturz der Götzenbilder bei der Flucht Josefs und Mariens nach Ägypten ist üblich.  

Der Traum Nebukadnezars von dem großen Baum (Dan 4) wird ebenfalls in bebilderten mittelalterlichen Manuskripten dargeboten. An der Frontseite der Kathedrale von Laon tritt er schon auf. Ebenso in mittelalterlichen Gemälden und Glasmalereien. Beide Träume werden um 1120 bereits im Liber floridus kombiniert. Der Koloss legt selbst die Axt an den Baum.  

Das Mitleid weckende und grotesk wirkende Bild des Königs, wie er bei den Tieren weidet, hat besonders die Phantasie der romanischen Künstler des 11. und 12. Jh. angeregt. Im Hintergrund standen die Abbildung im oben erwähnten Kommentar des spanischen Mönchs Beatus zur Offenbarung des Johannes aus dem 8 Jh. und Bildwerke französischer Kirchen.  

Aber noch im 18. Jh. hat die Szene ihren Interpreten gefunden. Das Aquarell des Dichters und Malers William Blake von Nebukadnezar, auf allen Vieren kriechend, mit krallenartigen Fuß- und Fingernägeln, mähnigem Kopf und hervorgetretenen Augen (1795), erfreute sich sogar noch im Jahr 1990 als Reproduktion auf dem Markt von Mombasa öffentlichen Interesses.  


Blake hatte es in seinem Werk “The Marriage of Heaven and Earth” 1790-93 vorweggenommen mit der Beischrift: One Law for the Lion and the Ox is Oppression.  

Selbst als politische Karikatur machte sich der kriechende König 1848 gut (E. von Steinle, Der Minister der Zukunft).  

Die Einzelszene der drei jungen Männer im Feuerofen mit dabeistehendem Nebukadnezar (Dan 3) findet sich ebenfalls in mittelalterlichen Manuskripten.  

Im frühen 15. Jh. zeigt der Duc de Berry ihn in seinen »Très Riches Heures« (Chantilly, Musée Condé), wie er den feurigen Ofen mit den drei Männern, Schadrach ( = ich bin sehr in Furcht versetzt), Meschach ( = ich bin gering geachtet) und Abed-Nego ( = Diener des Erstrahlten = des Gottes Nabû) anfacht.  

Auch als Einzelperson tritt Nebukadnezar ebenfalls schon früh auf. Das Relief an der Fassade von Notre-Dame-la-Grande in Poitiers aus dem 12. Jh. zeigt ihn, Bezug nehmend auf ein Mysterienspiel zur Judenbekehrung bzw. auf die pseudo-augustinische Predigt für die Weihnachts-Frühmesse, zwischen Adam, Eva und Mose, Jeremia, Jesaja, Daniel sowie Isai. - Die Blendung Zedekias war bereits in der Beatus-Apokalypse verbildlicht. Sie findet sich weiterhin in Initialen zum Jeremia-Buch wie der Stablo-Bibel von 1096 und der Bibel von St.Gumbertus, Ende des 12. Jh.s (heute in Erlangen).  

Sogar ein Evangeliar zeigt Nebukadnezar, die deportierten Juden mit Zedekia an ihrer Spitze vor Babylon in Empfang nehmend (Mainz um 1260, Aschaffenburger Schlossbibel).  

Auch in Musik-Kompositionen haben die drei Männer des Feuerofens Stoff für Opern abgegeben. Dazu zählt eine Oper von Caldara, 1730, ferner Darius Milhauds: Les Miracles de la Foi, 1951, und Benjamin Brittens: The Burning Fiery Furnace, 1966.

Am bekanntesten ist jedoch die Oper Giuseppe Verdis: Nabucco, die das Schicksal der nach Babylon Verbannten zum Thema nimmt. Verdi war angesprochen worden von der Aufführung eines Ballets mit dem Titel „Nabucodonosor“ in der Scala von Mailand aus Anlass der Krönung Ferdinands I. von Österreich zum König von Venedig und der Lombardei am 6.9.1838. So fiel das Libretto von T.Solera bei ihm auf fruchtbaren Boden. Vor allem der berühmt gewordene Gefangenen-Chor rief bei den ersten Zuhörern am 9.3.1842 in Mailand die Unterwerfung unter die österreichische Herrschaft ins Bewusstsein. Als die Oper 1846 im königlichen Theater zu London aufgeführt werden sollte, mussten die Namen umgeändert werden, da die Darstellung biblischer Personen auf der Bühne als ungeziemend galt. Die Oper hieß nun Nino. 1958 wurde Nabucco in Iwrit übersetzt und von der Israel Oper viele Male aufgeführt.  

Subjektiv nicht als Karikatur aufgefasst, gewann politisch der Name Nebukadnezars in der Gegenwart noch einmal Aktualität. Der irakische Diktator und Politmoslem Saddam Hussein sah sich als neuer Nebukadnezar. Nebukadnezars in seinen Inschriften mehrfach geäußerter Wunsch, der Nachwelt im Gedächtnis zu bleiben, hat sich auf solch recht unterschiedliche Weise erfüllt.

 

 

Sebastian Münster

 

1488 geboren in Ingelheim. Der Tag seiner Geburt ist nicht bekannt. Auch über seine frühen Jahre weiß man nichts.  

1503, mit 14 Jahren begibt er sich nach Heidelberg, um sich dort für das Studium der Theologie vorzubereiten.  

In den Jahren bis 1516 lernt er die hebräische und griechische Sprache und eignet sich gründliche Kenntnisse in Mathematik, Astronomie und Geographie an. In diesen Jahren hält er sich in Ruffach, Basel, Pforzheim München und Tübingen auf. 

1516 erscheint sein erstes Werk, ein hebräischer Psalter.  

1523 folgt das Dictionarium hebraicum (8 Auflagen) 

1524 Berufung an die Universität Heidelberg auf den Lehrstuhl für hebräische Sprachen. Gleichzeitig übernimmt er das Amt eines Hofpredigers. 

1525 Zeichnet er eine Karte von Deutschland. Sie soll die erste sein, auf der der Lauf des Rheines einigermaßen richtig dargestellt. Ist. 

1527 erscheinen sechs größere selbständige Werke, vier Übersetzungen fremder Schriften und mehrere Neuauflagen eigener Bücher. In den religiösen Wirren (30jähriger Krieg) pendelt er zwischen Basel und Worms hin und her. 

Ab 1529 als Dozent der hebräischen Sprachen in Basel tätig. 

Bis 1544 etliche Reisen und Wanderungen durch Frankreich, die Schweiz, Schwaben und Bayern. 

1544 erscheint, nach 18jähriger Vorbereitung sein monumentales Hauptwerk, das ihn überall in Europa bekannt machte:
„Cosmographia. Beschreibung aller Lender durch Sebastianum Munsterum in welcher begriffen, laaer völcker, Herrschafften, Stetten und namhafftiger flecken, herkommen: Sitten, Gebreüch, ordnung, glauben, secten, vund hantierung, durch die ganze Welt vund fürnemlich Teütscher nation. Was auch besunders in jedem landt gefunden vund darin beschehen sey. Alles mit figuren und schönen landtaflen erklert, vund für augen gestelt Getruckt zu Basel durch Nenrichum Petri.“
So lautet der komplette Titel des Buches. Es wird als der erste namhafte Versuch einer wissenschaftlichen und doch volkstümlichen Darstellung des gesamten erdkundlichen Wissens jener Zeit bezeichnet. Danach gab er nur noch wenige Werke über Mathematik und Astronomie heraus. 

1547 Rektor der Universität Basel. 

1552, am 25. Mai als Opfer einer pestartigen Seuche, die in Basel wütete, gestorben.